An genau dieses Motto vermochte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz geschickt im Wahlkampf anzuknüpfen. Neben sozialer Gerechtigkeit stellte er besonders wirtschaftspolitische Themen in den Vordergrund, warb für die Elbvertiefung, die den Hamburger Hafen attraktiv halten soll und holte den parteilosen, langjährigen Handelskammerchef Frank Horch in sein Wahlkampfteam. Das kam offenbar in Hamburg gut an und katapultierte die SPD in Höhen, die selbst optimistische Umfragen vor der Bürgerschaftswahl am Sonntag nicht erwarten ließen.
Doch sind die Zahlen zu krass, als dass sie sich nur als hanseatisch-landespolitischer Spezialfall einordnen lassen: Rund 15 Prozentpunkte Zugewinn für die SPD, über 20 Punkte Absturz für die CDU auf ihr schlechtestes Resultat aller Zeiten - da gerieten die Christdemokraten in Erklärungsnot. Schnell gab es Schuldzuweisungen an die Grünen, die dem Partner nach drei Jahren schwarz-grüner Koalition die Gefolgschaft aufgekündigt und so vorgezogene Neuwahlen herbeigeführt hatten. Doch die Ursachenforschung dürfte damit nicht abgeschlossen sein.
"Das ist ein historisches Ergebnis, nicht nur für uns, auch für die anderen", verkündet ein strahlender SPD-Chef Sigmar Gabriel, der für diesen triumphalen Auftritt fast die gesamte Führungsriege der Genossen mit auf die Bühne geholt hat. Die anderen, die Christdemokraten, müssen nach dem Hamburger Desaster nun auf die im März folgenden Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hoffen. Diese Niederlage "reißt uns in eine Stunde der Ratlosigkeit", sagt der glücklose CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus in Hamburg. Doch auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist jetzt guter Rat teuer.
Gabriel dagegen kann auf Rückenwind für seine Partei für die kommenden Urnengänge ebenso hoffen wie für den Wettstreit mit CDU/CSU im Bund. Schon für die Hartz-IV-Verhandlungen, die am Wahlabend in eine neue Runde gingen, signalisiert er ein selbstbewusstes Auftreten. Die SPD sei immer dann erfolgreich, "wenn sie eine Politik wirtschaftlicher Vernunft und soziale Politik nicht als Gegensatz begreift", gibt der strahlende Wahlsieger Scholz seiner Partei mit auf den weiteren Weg.
Gerade noch gerettet hat sich in Hamburg die FDP, die mit rund sechs Prozent zwar vor allem gemessen an ihrem Höhenflug im Umfeld der Bundestagswahl 2009 kein Traumergebnis erzielt, deren junge Spitzenkandidatin Katja Suding die Partei aber immerhin in die Hamburger Bürgerschaft zurückführt. Sie selbst spricht von einem Erfolg "gegen den Trend im Bund". Auf eher niedrigem Niveau stabil verharren auch die Linken. Beide Parteien bleiben damit in eher schwierigem Fahrwasser.
Sichtlich enttäuscht zeigen sich die Grünen. Sie kehren nach 9,6 Prozent vor drei Jahren zwar in den zweistelligen Bereich zurück, verfehlen aber ihr wichtigstes Wahlziel, die Regierungsbeteiligung in einer rot-grünen Koalition. Stattdessen steht nun eine SPD-Alleinregierung auf der Tagesordnung. Das Aus für Schwarz-Grün sei angesichts des völligen Zerfalls der CDU richtig gewesen, sagt gleichwohl trotzig Grünen-Spitzenkandidatin Anja Hajduk.
Ob dies schon das jähe Ende des grünen Höhenflugs ist, werden die nächsten Wahlen zeigen. Derzeit ist es jedenfalls die SPD, die Oberwasser hat - auch innerhalb des rot-grünen Lagers.