Über dem Eingang zum Ratssaal hängt bereits eine Lampe mit dem Hinweis „ON AIR: Das Thema ist jedoch komplexer als der normale You-Tube-Nutzer sich denkt: Zunächst müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. So darf die Kamera zum Beispiel nur auf die Politiker, den Bürgermeister und den Ersten Beigeordneten gerichtet sein. Andere Vertreter der Verwaltung müssen vor der Sitzung ihre Einwilligung mit den Aufnahmen erklären. Zudem muss vor dem und im Ratsaal eine auffällige Beschilderung mit dem Hinweis, dass eine Übertragung der Sitzung per Live-Stream erfolgt, zu lesen sein. Außerdem muss der Vorsitzende des Gremiums zu Beginn jeder Sitzung auf den Mitschnitt der Versammlung hinweisen.
Technisch wäre die Stadtverwaltung in der Lage, diesen Service anzubieten. Probleme sieht sie aber, wenn Mitarbeiter nicht gefilmt werden möchten, worauf sie Anspruch haben. „In der Sitzung im Auge zu behalten, wer auszublenden ist, beziehungsweise sicherzustellen, dass eine nicht ‚filmwillige’ Person zufällig mit ins Bild gerät, erzeugt Arbeitsaufwand, der personell abgedeckt werden müsste“, heißt es in einer Beschlussvorlage für den Hauptausschuss am Dienstagabend.
Vertreter der anwesenden Fraktionen sprachen sind grundsätzlich dafür aus, zunächst nur die Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung ins Internet zu übertragen. Sie wünschten sich auch, dass die Filme später wieder abrufbar sind. Offenbar sind aber nicht alle Stadtverordneten für einen Internetauftritt. Mindestens ein Stadtpolitiker, der nicht genannt wurde, hat dieser Idee bereits widersprochen. Doch nach Ansicht von Bürgermeister Steffen Apelt (CDU) hat dieser schlechte Karten. Die mit Mehrheit beschlossene Geschäftsordnung erlaube grundsätzlich Video- und Tonaufnahmen von der Sitzung. „Dem können sich gewählte Stadtverordnete nicht entziehen“, so Apelt. Ob diese Position haltbar ist, ist aber unklar: Laut Paragraf 36, Absatz 3 der Kommunalverfassung sind „Ton- und Bildübertragungen sowie Ton- und Bildaufzeichnungen nur zulässig, wenn alle anwesenden Mitglieder der Gemeindevertretung zustimmen“. Die Verwaltung will das mit der Kommunalaufsicht rechtzeitig klären.
Der Ausschussvorsitzende Christian Wolff (CDU) begrüßte dennoch den Internetauftritt der Stadtverordneten. „So können mehr Einwohner am Politikgeschehen der Stadt teilnehmen.“ Die Kosten für den Test halten sich in Grenzen. Ein Dienstleister, der für die Übertragung gebucht werden müsste, verlangt für den Versuch im März 60 Euro. Dann dürfen maximal 40 Zuschauer online die Sitzung verfolgen.
Wird der Streamingdienst dauerhaft gebucht, steigen die Kosten. So kostet das aktuelle Senden und Aufzeichnen bei 100 Zuschauerplätzen 120 Euro im Monat. Nutzer zahlen nichts.
■ In Brandenburg gibt es erst wenige Kommunen, die ihre politischen Sitzung im Internet präsentieren. Dazu gehören Bernau und Potsdam.
■ Das Interesse der Bevölkerung ist allerdings gering: Die Stadtverordnetenversammlung von Bernau verfolgen nach Recherchen der Stadtverwaltung Hohen Neuendorf 100 bis 200 Interessierte. Potsdam registriert 50 bis 80 Zugriffe pro Sitzung.
■ In Velten ist die Entscheidung über das Thema Livestreaming von Stadtverordnetenversammlung auf die nächste Legislaturperiode vertagt worden.⇥(zeit)
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