McKays Werk ist dabei kein typisches Biopic. Es beginnt am wohl entscheidenden Tag in Cheneys Karriere, dem 11. September. Im Angesicht der brennenden Zwillingstürme empfiehlt der Vize seinem Boss, mit der Airforce One in der Luft zu bleiben und reißt somit defacto die Macht im Staate an sich. Ein großer Moment für einen Mann, der wegen Sauferei und Unfähigkeit von der Elite-Uni geflogen ist und irgendwie immer mehr per Zufall, teils wegen guter Beziehungen, teils wegen geschickter Schach- und Winkelzüge eine erstaunliche Laufbahn hingelegt hat. Tatsache daran ist zumindest, dass Cheney bereits zur Amtszeit von Richard Nixon im Weißen Haus mitwirkte und seinen Förderer, Donald Rumsfeld, alsbald auf die Plätze verwies. McKay geht nie wirklich bis ins Detail und lässt den Zuschauer im Prinzip immer im Unklaren, was an der Darstellung Tatsache und was Vermutung oder gar Erfindung ist. Nur dann, wenn’s gar zu satirisch wird, lichtet sich ein wenig der Nebel. Damit gerät die Ausrichtung der Handlung mitunter nah an die der Propaganda-Filme eines Michael Moore. Zugleich zeigt sich daran, dass das Zielgebiet der Aussage in den USA liegt, wo man in politischen Angelegenheiten gern mal eine gröbere Klinge schlägt. So sollte jeder für sich selbst prüfen, ob er Behauptungen folgen kann wie: Cheney hätte das Wort Klimawandel eingeführt, um einen milderen Begriff für "Global Warming" zu nutzen oder Colin Powell sei mit seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat direkt verantwortlich für die Entstehung des IS.
Von der etwas undurchsichtigen Quellenlage einmal abgesehen nimmt der Regisseur den Zuschauer aber auch mit auf eine interessante und teils unterhaltsame Reise durch das politische Amerika und dessen jüngere Vergangenheit. Allerdings auch hier die Einschränkung, Cheney ist Republikaner und bis auf einen Obama vor jubelnden Massen ist weit und breit kein Demokrat zu sehen. Und nach dem Abspann bekommt dann noch der amtierende Präsident einen Seitenhieb.
Ohne Frage grandios agiert der Cast. Christian Bale liefert mal wieder einen Beweis für seine Wandlungsfähigkeit, sowohl in Sachen Aussehen wie auch Spiel. Steve Carell könnte als Rumsfeld-Double auftreten und Sam Rockwell als Bush Jr. kommt als perfekte Karrikatur desselben rüber. Nicht zu vergessen Amy Adams, die als starke Frau hinter Cheney immer genau weiß, was zu tun ist. Die Figuren leben und lassen die gute zwei Stunden Laufzeit deutlich kürzer erscheinen.
Genre: Biopic; FSK: 12 Jahre; 132 Minuten; Verleih: Universum; Regie: Adam McKay; Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell; USA 2019
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