Einige Abgeordnete sind sichtlich verwundert. Der Religionslehrer und Versammlungsleiter des Bürgerbündnisses zeigt auf der Leinwand, was sich klammheimlich in Angermünde ausbreitet. Es herrscht gespannte Stille im Ratssaal. Vieles von dem, was Rall vor der Stadtverordnetenversammlung anspricht, ist den Fraktionen neu. Die wenigsten haben sich so intensiv mit dem Erstarken rechter Tendenzen beschäftigt wie er.
Auch Staatsschutz, Polizei und der Kreisintegrationsbeauftragte befassen sich längst mit den Aktivitäten der rechten Kleinpartei „Der III. Weg“. Einer ihrer Köpfe zog vor mehreren Jahren in die Stadt. Zunächst war es ruhig. Dann setzten Aufkleber- und Flyer-Aktionen ein. Jetzt aber wollen einige Aktivisten richtig in die Öffentlichkeit. Mit sogenannten Streifen ziehen sie angeblich fast täglich durch die Stadt. Eigene Fotos im Internet sollen das belegen. Nach eigener Darstellung wollen sie ein Auge auf mögliche Straftaten werfen und präventiv das Gespräch mit den Einwohnern suchen. Sie tragen dabei extra bedruckte einheitliche Shirts.
Doch nach Aussage der Polizeidirektion Ost kann aber schon das Tragen einheitlicher Kleidung strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Man bewege sich am Rande der Legalität.
Von einem „Qualitätssprung, den wir so noch nicht hatten“ spricht Wolfgang Rall. Man müsse daher die Bürger gut aufklären, was da laufe. „Angermünde ist ein sensibler Ort. Ein Verruf der Stadt wird schnell spürbar sein.“ Dies könne sich schädlich auf den Tourismus auswirken.
Hinter dem Helferbild, das die Aktivisten nach außen darstellen wollen, verstecke sich eine Strategie. Dahinter stehe die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. „Sie wollen den Staat zerstören.“ Beim Dritten Weg handele es sich um eine eindeutig neonationalsozialistische extreme Partei. Angeblich 200 Unterschriften soll man in Schwedt für den Wahlkampf gesammelt haben.
Rall will den Aktivitäten nicht tatenlos gegenüber stehen. Er hat sämtliche Aufkleberaktionen der vergangenen Jahre fotografiert. Verkehrszeichen, Hinweisschilder, Aufsteller, Fahrradständer, Laternenmasten, Briefkasten und andere öffentliche Stellen sind schon seit Monaten mit den meist grünfarbigen Aufklebern des Dritten Wegs verkleistert. Im Grunde stellt schon das eine Straftat dar.
Unter dem Motto „Wir lassen uns keine kleben“ wollen Mitglieder des Bürgerbündnisses und Schüler gemeinsam die Stadt säubern. Mit Nagellackentferner und Putzlappen haben sie „fremdenfeindlichen, rechtspopulistischen und rechtsextremistischen“ Aufklebern den Kampf angesagt. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Wolfgang Rall.
„Wir lassen uns keine kleben“, Aktion gegen rechte Aufkleber, 14. September, 18 Uhr, Treffpunkt für alle Interessenten vor dem Angermünder Rathaus.
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