Im Thermalsoleheilbad Templin wurde am Freitag (13. Januar) ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert. Denn seit nunmehr 25 Jahren gibt es hier den „Fahrscheinfreien Stadtverkehr“ mit Bussen. Mit ihrer Kurkarte können Urlauber und Touristen in der Stadt und den 15 Ortsteilen die Stadtbusse fahrscheinfrei nutzen. Gleiches gilt für die Einwohner, die eine Einwohnerkarte besitzen, die aktuell pro Jahr 44 Euro kostet.
In seiner Rede beim Festakt im Historischen Rathaus sagte Bürgermeister Detlef Tabbert (Die Linke) im Beisein der Templiner Ehrenbürgerin und Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel (CDU): „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, wäre es, dass bundesweit mehr Verantwortliche den Mut haben, einen Doppel-Wumms in Sachen Busse und Bahnen auf den Weg zu bringen. Indessen scheint das Infrastrukturministerium in Potsdam mit der Abbestellung der Bahnlinie RB 63 zwischen Templin, Joachimsthal und Eberswalde die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben.“ Angela Merkel stellte fest, dass in Templin echte Pionierarbeit geleistet wurde. „Die Verkehrswende erfordert Angebote neben dem privaten Auto. Und in Templin wurde unter Beweis gestellt, dass lukrative Angebote im öffentlichen Personennahverkehr auch eine entsprechende Nachfrage schaffen“, sagte die Altkanzlerin. Sie bekannte übrigens auch, dass sie „zugeben muss, heute zum ersten Mal mit einem Templiner Stadtbus gefahren zu sein“.
Verkehrsgesellschaft und Landkreis immer verlässliche Partner
Bürgermeister Detlef Tabbert erinnerte daran, dass es vor 25 Jahren darum gegangen war, „die Stadtverkehrslinie zu erhalten und eine bessere Erreichbarkeit der im Jahr 2000 eröffneten NaturThermeTemplin zu ermöglichen“. „Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Reduzierung der Umweltbelastungen und vor allem eine Verminderung der Feinstaubbelastung. Dies war die Voraussetzung zum Erhalt des Kurstadtstatus für Templin. Neben den Vorteilen für Bürger und Gäste gab es einen Marketingeffekt, indem über den Fahrscheinfreien Busverkehr in vielen Tageszeitungen, Magazinen, Fernseh- und Rundfunksendungen berichtet wurde“, stellte Detlef Tabbert fest.
Entscheidend für den Erfolg der Idee sei gewesen, dass die Stadt Templin mit der UVG und dem Landkreis Uckermark von Anfang an verlässliche Partner hatte und weiter hat. Und die Templiner Stadtverordneten hätten auch in Jahren klammer Stadtkassen - über Partei- und Wählergruppengrenzen hinweg - stets die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt. Denn allen sei klar gewesen, dass man Menschen vom Individualverkehr nicht abbringen kann, wenn es nicht attraktivere und vor allem sehr wettbewerbsfähige Alternativen im ÖPNV gibt, sagte Tabbert.
Positive Effekte: Weniger Verkehr, Kohlendioxid und Stickoxide
Auf dem Templiner Marktplatz konnte am Freitagnachmittag eine Ausstellung mit verschiedenen Bus-Typen besichtigt werden. Auf dem Templiner Betriebshof der UVG durften sich Interessierte mit gültigem Pkw-Führerschein selbst einmal hinter das Lenkrad eines Busses setzen und eine kleine Runde drehen. Und in den Stadtbussen der Linie 531 gab es zwischen 15 und 18.30 Uhr verschiedenste „Unterhaltungseinlagen“, wie zum Beispiel Livemusik, ein Kinderprogramm, eine Lesung oder einen Zeitzeugenbericht, wie alles begann mit dem fahrscheinfreien Bus fahren in Templin.
„Dieses Angebot verhilft auch Menschen mit geringem Einkommen zu einem höheren Maß an Mobilität - jenseits von der Nutzung eigener Autos. Älteren und gehandicapten Bewohnern ermöglicht sie gesellschaftliche Teilhabe. Und für Templin als Thermalsoleheilbad sind eine Minderung des individuellen Verkehrsaufkommens in der Innenstadt und eine Senkung des Ausstoßes von Kohlendioxid und Stickoxiden deutlich nachweisbar“, sagte Detlef Tabbert.
Jährlich bekommen Stadtbusse 130.000 Euro
Zur Finanzierung stellt die Stadt Templin derzeit jährlich 130.000 Euro aus dem kommunalen Haushalt zur Verfügung. Künftig sollen die Fahrzeiten der Stadtbusse in den Abendzeiten ausgedehnt sowie das Haltestellennetz erweitert und barrierefrei gestaltet werden. Geplant ist zudem, Busse mit Null-Emission, zum Beispiel mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb, einzusetzen.
Templin ist mit einer Fläche von 377 Quadratkilometern die achtgrößte Stadt Deutschlands. Hier leben mehr als 15.800 Einwohner, davon ein Viertel in den 15 Ortsteilen. Im vergangenen Jahr haben rund 210.000 Fahrgäste den „Fahrscheinfreien Stadtverkehr“ genutzt. Beim Start des Projektes im Jahr 1997 waren es lediglich 41.000 Fahrgäste.