Wer kann schon von sich behaupten, an einem der schönsten Arbeitsplätze von Weltrang zu arbeiten und dazu noch in einem sehr jungen Beruf, der an Vielseitigkeit kaum zu überbieten ist? Die Ranger im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin behaupten das, denn sie betreuen auch das UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin, eines der schönsten und größten, weitgehend unberührten Waldgebiete Deutschlands und Europas, das seit 2011 als Teilgebiet der Welterbestätte Alte Buchenwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas auf einer Stufe steht mit dem Gran Canyon in den USA oder der Serengeti in Afrika steht.
Diese faszinierende Landschaft mit seltener Flora und Fauna, verwunschenen Mooren, verborgenen Seen und einem sich wieder entwickelnden Urwald ist auch Arbeitsplatz für das Team um Nadja Erdmann, Leiterin des Naturwachtstützpunktes „Blumberger Mühle“ in Angermünde. Hier ist die Wiege der Naturwacht Brandenburg. Als 1990 das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin im Nordosten von Brandenburg gegründet wurde, stand die Frage, wie man dieses neue Großschutzgebiet als nationale Kulturlandschaft künftig betreuen, schützen, begleiten soll.
Groß-ABM als Wiege der Naturwacht
Eine der größten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), in der fast 100 mit der Wende arbeitslos gewordene Frauen und Männer in der Naturwacht eine neue Aufgabe fanden, wurde aus dem Boden gestampft. Die ABM-Kräfte gehörten zu den ersten Naturwächtern in Brandenburg und Deutschland. Lediglich der Nationalpark Bayerischer Wald hatte bereits eine Naturwacht nach dem Vorbild der Ranger in den Nationalparks der USA.
Diese erste Generation hat die Naturwacht in Brandenburg erfolgreich aufgebaut, aus der sich später ein ganz neuer Ausbildungsberuf entwickelte. Eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
Die ersten Junior-Ranger in Angermünde
Hier im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin entwickelte die Naturwacht viele Projekte, die sich dann auch deutschlandweit erfolgreich etablierten, wie das Freiwilligenprogramm „Ehrensache Natur“, professionalisiertes Monitoring, Partnerschaften mit Forst- und Landwirten oder das Junior-Ranger-Programm. In Angermünde gründete Naturwächterin Elfie Laack die erste Kindergruppe der Nachwuchs-Ranger.
Personaldecke wurde immer dünner
Auch wenn die Personalstärke nach dem Ende der ABM immer dünner wurde, hielt doch ein fester, erfahrener Ranger-Stamm über drei Jahrzehnte lang durch und professionalisierte die Naturwacht als kompetente und geschätzte Partner in der Region. Zu diesen Pionieren der ersten Stunde und bekanntesten Gesichtern in der Naturwacht des Biosphärenreservates gehörten unter anderem Elfie Laack, Wilfried Gaudeck, Christian Arndt und Eberhard Kurzweg. Sie geben jetzt den Staffelstab an junge Kollegen weiter. In der Naturwacht des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin unter der neuen Gebietsleitung von Betina Post ist der Generationswechsel abgeschlossen.
16 Ranger betreuen 129.000 Hektar Schutzgebiet
16 junge Rangerinnen und Ranger arbeiten hier an fünf Stützpunkten in Angermünde, Milmersdorf mit Außenstelle in Warnitz, Groß Schönebeck und Chorin. Sie betreuen eine Schutzgebietsfläche von insgesamt rund 129.000 Hektar, darunter auch die 590 Hektar des Unesco-Weltnaturerbes Buchenwald Grumsin.
„Die biologische Vielfalt zu erhalten und und zu schützen ist unsere wesentliche Aufgabe. Darüber hinaus dient das Biosphärenreservat als eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung, in dem wir Ranger uns als Mittler zwischen Mensch und Natur verstehen“, beschreibt Nadja Erdmann den Schwerpunkt der Arbeit der Naturwacht.
Von Fledermauszählung bis Umweltbildung
Das Aufgabenspektrum der Naturwacht ist breit gefächert. Der Alltag der jungen Ranger reicht von der Orchideenzählung im Bollwintal, über die Wiesenmahd am Grabowsee, Vegetationsaufnahmen auf den Trockenrasen in der Uckermark, Begleitung einer usbekischen Delegation ins Plagefenn, Wasserstandsmessungen an Mooren und Gewässern, Kartierung von Fledermäusen in Groß Schönebeck, Besucherführungen im Grumsin, Bildungsarbeit mit Schulen in der Blumberger Mühle, Zusammenarbeit mit Landwirten bei der Umsetzung von Naturschutzprojekten, Betreuung von Infoständen auf Dorffesten bis zur Aufklärung von Touristen.
Anspruchsvoller Beruf
„Die Anforderungen an den Rangerberuf sind über die Jahre stark gestiegen. Wir sind sehr froh, dass die Naturwacht hier stetig auf professionelle Weiterentwicklung setzt“, betont Martin Flade, Leiter des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin. „Wir brauchen im Biosphärenreservat kompetente Rangerinnen und Ranger im Außeneinsatz, die Veränderungen in den Lebensräumen oder bei Arten sofort wahrnehmen und auch Ideen für Naturschutzprojekte mit Partnern entwickeln“, so Flade.
Ausbildung zum Traumberuf
Alle Mitarbeiter der Naturwacht sind gut ausgebildet. Einige haben zum Beispiel an der HNE studiert, sind geprüfte Landschafts- und Naturpfleger, haben Zusatzqualifikationen zum Ranger absolviert.
„Was sie eint, ist das Herzblut für den Beruf und die Bereitschaft Wissen mit praktischer Erfahrung zu ergänzen und mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu sein. Das haben die Gründer der Naturwacht ihrer nachfolgenden Generation als eine der wichtigsten Erfahrungen mitgeben können“, freut sich Gebietsleiterin Betina Post. Einige Ehemalige sind noch immer als ehrenamtliche Naturwächter aktiv und stehen den Jungen mit Rat und Tat zur Seite.