Bisher gilt der gesetzliche Mindestlohn nur für Arbeitnehmer. Doch nach dem Willen der Bundesregierung und der Gewerkschaften sollen auch Lehrlinge eine Mindestvergütung erhalten. In der Bäckerinnung Uckermark wird darüber unterschiedlich diskutiert.
Tim Piur will Bäcker werden. Der junge Mann lernt das traditionelle Handwerk von der Pike auf bei Bäckermeister Klaus Schreiber und will noch eine Konditor-ausbildung hinten dran setzen. Sein Meister ist hochzufrieden und würde ihn gern danach in den Betrieb übernehmen.
Klaus Schreiber bildet seit vielen Jahren aus. Noch findet er junge Bewerber. "Wenn Handwerk nicht selbst ausbildet, müssen wir nicht über Fachkräftemangel jammern." Ein größeres Problem sei es für die kleinen Ausbildungsbetriebe, ihren Nachwuchs nach der Ausbildung auch zu halten. Viele wandern ab. Vor allem Industrie und große Ketten werben die gut ausgebildeten jungen Fachkräfte ab. Das Handwerk, das Zeit, Geld und Mühe in die Ausbildung investiert, geht immer öfter leer aus.
Über dieses Problem diskutieren die Mitglieder der Bäckerinnung Uckermark derzeit immer wieder. Die Motivation, selbst noch auszubilden, könnte jedoch einen weiteren Dämpfer bekommen, wenn eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung kommt, befürchtet Innungsmeister Klaus Schreiber. Im Handwerk sind die Meinungen gespalten. Klaus Schreiber hat nach den Diskussionen in seinen Innungsbetrieben und im Landesverband, in dessen Vorstand er sitzt, darüber auch das Gespräch mit dem CDU-Wahlkreisabgeordneten des Bundestages, Jens Koeppen, gesucht. Koeppen ist selbst als Elektromeister im Handwerk zu Hause und arbeitet im Bundestag in der AG Handwerk und Mittelstand mit. In seinem uckermärkischen Wahlkreis hört er sich die Probleme des Handwerks an. "Was bei mir ankommt, sind vor allem Klagen über überbordende Bürokratie, die vor allem die kleinen Betriebe lähmt, aber auch die zunehmenden staatlichen Reglementierungen und Eingriffe", so Koeppen. Die Diskussion um eine Ausbildungsmindestvergütung verfolgt Koeppen besonders interessiert und kritisch. Damit zerschlagen wir ein gut funktionierendes System der dualen Ausbildung, die uns stark gemacht hat", so Koeppen. Die berufsschulische Ausbildung wird staatlich finanziert. Die praktische Ausbildung finanzieren die Ausbildungsbetriebe. Man müsse nicht überall staatlich eingreifen, meint Koeppen. "Eine Ausbildung wird in der Regel ja nicht absolviert, um seine Lebenshaltungskosten decken zu können, sondern um etwas zu lernen."
Bisher haben Auszubildende keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Sie erhalten eine Ausbildungsvergütung. Die Höhe variiert je nach Branche und Region. "Wenn Betriebe zu wenig zahlen, bleiben die Lehrlinge weg", sagt Jens Koeppen. Gesetzliche Reglementierungen könnten dazu führen, dass weniger Betriebe ausbilden. "Der Landesverband des Bäckerhandwerks gibt bereits Empfehlungen für eine einheitliche Höhe der Lehrlingsentgelte vor", erklärt Bäckermeister Schreiber. "Ich selbst zahle sogar etwas mehr. Andere halten sich nicht daran." Azubi Tim Piur bekommt im 3. Lehrjahr 800 Euro im Monat. Die gesetzliche Mindestvergütung soll künftig über 900 Euro betragen. Das schrecke viele Kollegen ab, künftig noch auszubilden, sagt Klaus Schreiber, räumt aber auch ein: "Wenn ein Betrieb gut läuft, bringen ihn etwas höhere Vergütungen auch nicht um. Handwerk hat auch eine Verantwortung."
Wichtiger sei ihm, Betriebe, die ausbilden, auch in irgendeiner Form zu belohnen, beziehungsweise Betriebe, die nicht selbst ausbilden, aber von den guten Lehrlingen später profitieren, mit einer Art Ablöse zu beteiligen. Diese Gedanken will auch Jens Koeppen intensiv im Bundestag diskutieren: "Es geht auch um mehr Wertschätzung für Handwerk und Mittelstand, auch seitens der großen Politik. Der kleine Bäcker wird gar nicht gesehen. Aber insgesamt geht es um 5 Millionen Beschäftigte, 450 000 Auszubildende und 5 Milliarden Euro Umsatz. Das ist eine Größenordnung!"