Ein altes Schloss, ein verwunschener Park, ein idyllischer Kanal mit Bootsanleger und Blick ins Odertal und über allem thront ein mächtiger Burgturm aus dem Mittelalter: Stolpe hat großes touristisches Potenzial. Läge da nicht mittendrin eine verfallene Industriebrache aus Beton, die wie ein hässlicher Fremdkörper das Dorfensemble stört. Was soll daraus werden? Das ehemalige Betonwerk in Stolpe, ein Ortsteil von Angermünde, wurde nach der Wende geschlossen und verfiel mehr und mehr.
Die Fabrik, die in der DDR-Zeit einst vielen Einwohnern aus Stolpe und Umgebung Arbeit und Einkommen sicherte, wurde nicht mehr gebraucht und verkam zum Schandfleck und Ärgernis, denn niemand wusste etwas mit der Immobilie anzufangen. Bis vor einigen Jahren eine Handvoll junger kreativer Menschen aus der Region neue Chancen in der Betonruine erkannte.
Visionen für eine gemeinnützige, nachhaltige Nutzung
Gemeinsam mit den Dorfbewohnern, mit Architekturstudenten und Künstlern entwickelten sie Visionen für eine künftige Nutzung des Areals, das mit 4,5 Hektar nicht nur viel Platz, sondern durch seine Lage direkt am Kanal der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße und am Eingang zum Nationalpark Unteres Odertal Freiraum für neue, ungewöhnliche Ideen und Experimente bietet. Zwischen Fabrikhallen und Beton fanden schon Konzerte, Tanzfestivals, Kino und Studenten-Workshops statt.
Man lud auch die Einwohner zu Rundgängen und Gesprächen ein und gründete schließlich die Kulturpark Stolpe GmbH, die das Grundstück 2016 erwarb und es seitdem Stück für Stück in ein innovatives, offenes Zentrum für Kunst und Kultur, Begegnung und Austausch, in eine Stätte zum Arbeiten und Erholen umwandeln will – in einen „Kulturpark Stolpe“.
Neuer Eigentümer ist die Kulturpark Stolpe GmbH
Das Anliegen der neuen Eigentümer ist es, keine fertigen Angebote und Investoren vorzusetzen, sondern, den Kulturpark durch die Ideen, Initiativen und verschiedene Akteure, die hier Hand anlegen dürfen, sich selbst entwickeln zu lassen, einfach und günstig Freiraum anzubieten. Das Konzept scheint aufzugehen und lockt immer wieder neue Interessenten, Mitstreiter und Partner an, die sich hier ausprobieren und sogar ansiedeln, die Räume und Gebäude mieten und sie nach ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen gestalten können. Zu ihnen gehört der junge gemeinnützige Verein BeTonWerk e.V., der sich im ehemaligen Heizhaus der stillgelegten Fabrik eingerichtet hat.
BeTonWerk e. V. im alten Heizwerk
Es ist eine Gruppe junger Menschen, die hauptsächlich in Berlin verankert sind und die sich mit ihren ganz unterschiedlichen Lebensweisen auf gemeinschaftliche Art im Kulturpark Stolpe zusammenfinden.
„Dahinter stecken junge Menschen, deren Vision es ist, in Stolpe einen soziokulturellen Raum für Austausch und Begegnung zwischen Brandenburg und Berlin zu schaffen und Grenzen zwischen Land und Stadt zu überwinden“, erklärt Nadine Bineas vom Netzwerk „StadtLandOder“ in Angermünde, das solche regionalen und überregionalen Partner zusammenbringt und die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch fördern möchte.
Das Betonwerk, direkt am Kanal und am Nationalpark Unteres Odertal gelegen, sei ein idealer Ort für verschiedenste Nutzungen, ob als Werkstatt, Kunstatelier, Kulturort, Freiraum oder zur Erholung. Diesen Ort will auch der Verein BeTonWerk e.V nun gern öffnen und Platz bieten für neue kulturelle, umweltbewusste und gemeinnützige Veranstaltungen. Dazu gehöre auch die Renaturierung und Begrünung des Betonwerksgeländes. „Wir wollen gemeinsam mit Einwohnern und Akteuren der Region und Impulsen aus Berlin das alte Betonwerk in Stolpe von einer Industriebrache zu einer konkreten Utopie transformieren“, beschreibt der Verein sein Ziel.
Und ganz konkret kann man das schon in Kürze erleben. Im September 2023 startet zum zweiten Mal das Projekt „Beton Drive“, wo Abenteuer, Nostalgie, Kultur und Begegnung aufeinandertreffen. Das Fabrikgelände am Kanalufer wird zum Autokino. An vier Wochenenden vom 10. bis zum 30. September 2023 werden hier auf einer riesigen Open-Air-Leinwand internationale und deutsche Filme gezeigt. Ob kultig im Auto oder doch lieber klassisch auf Stühlen können die Besucher selbst wählen. Auf jeden Fall gibt es Popcorn sowie eine Auswahl an Knabbereien, Speisen und Getränken.
Eintritt auf Spendenbasis
Der Eintritt wird auf Spendenbasis bezahlt, um damit weitere Projekte zu finanzieren. Man gibt, was man kann oder möchte. Orientierungswert sind 5 Euro. Alle Filmvorführungen starten um 20 Uhr, Einlass ist ab 19 Uhr. Gezeigt werden folgende Filme: „Wir können auch anders“ (10.09.2023), „Almanya - Willkommen in Deutschland" (16.09.2023), „Hidden Figures“ (23. 09.2023 und „Good bye Lenin" (30. 09.2023). Das Projekt Beton Drive wird gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur.