Die Flamme des Gedenkens lodert auf dem Mahnmal auf dem Friedhof in Angermünde. Sie zieht an diesem sonnigen Novembervormittag die Blicke auf sich und erinnert die zahlreichen Friedhofsbesucher an den besonderen Anlass dieses Tages: Es ist Volkstrauertag. Deshalb haben sich einige Menschen mit Blumen in der Hand vor diesem Mahnmal zusammengefunden, das an die Opfer von Krieg und Gewalt erinnert und Mahnung für die Lebenden ist.
Kleiner Rahmen wegen der Coronabeschränkungen
75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist dieses Thema aktueller denn je, erklärt der Angermünder Bürgermeister Frederik Bewer, der Vertreter der Stadtverordnetenversammlung, des Seniorenbeirates, des Bürgerbündnisses sowie die ehemalige Stadtarchivarin Margret Sperling zur Kranzniederlegung eingeladen hatte. Die Gedenkveranstaltung musste wegen der Corona-Reglementierungen in diesem Jahr in sehr kleiner Runde stattfinden, die dennoch sehr berührend und würdig verlief.
Frederik Bewer erinnerte mit eindringlichen Worten an den Ursprung und Anlass des Volkstrauertages, der 1919 nach dem Grauen des Ersten Weltkrieges vom Volksbund für Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag eingeführt wurde und der leider noch immer nicht seine Berechtigung und Notwendigkeit als Mahnung an die Lebenden verloren hat.
Menschen lernen nicht aus der Geschichte
Es gebe heute leider immer noch und immer stärker Anlass zur Skepsis, dass die Menschen nicht aus der Geschichte, aus den Schrecken von Krieg, Gewalt und Hass gelernt haben, sagte Bewer mit Blick auf die Gegenwart, auf Terrorismus, Rassismus, Antisemitismus und Hetzpropaganda rechter Strömungen.
Massengrab für über 200 Angermünder Zivilisten
Vor dem Mahnmal auf dem Angermünder Friedhof ist unter der unscheinbaren Wiese ein Massengrab verborgen, in dem rund 200 Menschen ihre letzte Ruhe fanden, die in den letzten Wochen und Tagen des Krieges ihr Leben verloren. „Es sind überwiegend Zivilisten. Viele haben sich kurz vor oder nach dem Kriegsende aus Angst, Verzweiflung oder nach Vergewaltigungen das Leben genommen“, erzählt die ehemalige Stadtarchivarin Margret Sperling. Darunter sind auch Kurt Nölte mit seiner Frau und Schwester. Juwelier Nölte wurde gemeinsam mit Bäckermeister Kurt Miers durch seine mutige Tat legendär, als beide am 27. April 1945 der anrückenden roten Armee in Richtung Schwedt mit einer weißen Fahne entgegen liefen, um Angermünde kampflos zu übergeben.
Schüler pflegen die Gedenkstätten
Vor dem Mahnmal fanden auch die drei toten Soldaten ihre letzte Ruhe, die wenige Wochen vor dem Kriegsende 1945 im Angermünder Friedenspark als Deserteure erhängt wurden. Sie wurden mit Hilfe des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge umgebettet. Diese Gräber von Werner Heinebrodt (1916-1945), Kurt Schütz (1924-1944) und Kurt Kumutat (1906-1945) pflegen Schüler des Religionskurses des Einstein-Gymnasiums. „Es gibt kein besseres Verständnis von Geschichte für junge Leute, als praktisches Tun und Erleben direkt an Orten der Geschichte“, ist Religionslehrer Wolfgang Rall überzeugt, der mit seinen Schülern auch die Mahnmale im Friedenspark sowie die Stolpersteine in Angermünde regelmäßig putzt und pflegt.
Tafel soll über die Geschichte informieren
Nur in diesem Jahr können die Aktionen wegen Corona nicht stattfinden, weil alle Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes verboten wurden. Das Mahnmal im Friedhof haben die Stadtgärtner in diesem Jahr wunderschön neu bepflanzt. Hier soll künftig auch eine Tafel über die Geschichte und das Massengrab informieren.
Stilles Gedenken im Park Heinrichslust
In Schwedt haben sich Vertreter der Stadtverwaltung, Stadtverordnetenversammlung und Vereine auf dem Gefallenenfriedhof im Park Heinrichslust zu einer öffentlichen Kranzniederlegung getroffen. Auf dem Gefallenenfriedhof befinden sich 364 Einzelgräbern deutscher Gefallener und getöteter Zivilisten des Zweiten Weltkrieges.
Hunderte Schwedter starben in den Kampfhandlungen 1945
Im Gegensatz zu Angermünde wurde Schwedt 1945 nicht an die Rote Armee übergeben, sondern sollte bis zum letzten Blutstropfen verteidigt werden. 85 Prozent der Stadt wurden zerstört. Hunderte Zivilisten und Soldaten starben in den Kampfhandlungen und durch Granateneinschläge. Schüler des Schwedter Gauß-Gymnasiums hatten in einem Geschichtsprojekt die Historie der Kriegsgräberstätten in Schwedt erforscht.
Am sowjetischen Ehrenmal auf dem Neuen Friedhof ist die letzte Ruhestätte für die vielen, bei den Kämpfen in und um Schwedt gefallenen sowjetischen Soldaten. Auch hier wurde ein Kranz niedergelegt ebenso an Kriegsgräberstätten und Ehrenmalen in den Ortsteilen.