„Hier, das ist mein Schwager.“ Eine Frau deutet auf einen Mann auf einem alten, ausgeblichenen Foto. „Der hat mal hier gearbeitet.“ Das Foto hängt zwischen alten Triebwerken, umgebauten Raketen und Computern, die einst ganze Räume eingenommen haben. Auf dem alten Betriebsgelände in Pinnow öffnete das Raketenmuseum Pinnow wieder seine Türen. Doch was bietet das Museum für seine Besucher?
Das Raketen- und Telefonmuseum Pinnow befindet sich auf dem Gelände des alten Instandsetzungswerkes (IWP). Derzeit befindet es sich unter der Leitung des Stadtmuseums Schwedt, welches derzeit regelmäßig eine Öffnung des Museums zum Ende des Monats veranlasst. Detlef Frommann aus Pinnow ist einer der Freiwilligen, die sich für Fragen rund um die Ausstellung zur Verfügung stellen, denn: Er hat einmal in dem Betrieb gearbeitet.

Freiwilliger leitet Führungen

„Ich hatte eigentlich nur ein Jahr lang mit einer Rakete zu tun“, erklärt Frommann, „ansonsten habe ich mit Radartechnik gearbeitet.“ Insgesamt arbeitete er 20 Jahre lang für den IWP, direkt nach dem Studium fing er an, bis 1990. Die freiwillige Arbeit im Museum, die auch beinhaltet, viele Fragen von Besuchern zu beantworten, macht er gerne. Dafür hat er sich extra einige Informationen in einem Hefter zusammengestellt, den er zu offenen Tagen des Museums mitbringt. „Ich kann nicht alles wissen, deshalb habe ich den Hefter. Aber einiges weiß ich auch selber“, erzählt er.
Im IWP wurden die ersten Bedienungen für die SA-75 Fla-Raketenregimenter der Flugabwehrraketentruppen (NVA) ausgebildet. In Pinnow gab es eine der Fla-Raketentechnischen Basen der Luftverteidigung: Es wurden nicht nur Raketen gewartet und wieder instand gesetzt, sondern auch Panzerabwehrlenkraketen gebaut. Nach der Wende übernahm das Gelände Buck, welche unter anderem für die Verschrottung von Raketen verantwortlich ist. Während der Arbeit des Unternehmens entstand ein Werksmuseum in dem heutigen Industriegebiet. Dieses Museum konnte nach dem Konkurs des Betriebes Buck von der Stadt Pinnow übernommen werden.

Mahnung für Menschheit

Derzeit werden in den zwei Räumen einige Raketen unterschiedlicher Typen gezeigt: einmal in einem „kompletten“ Zustand und einmal im Schnittmodell, mit Schildern und Erklärungen. „Das ist, meines Wissens nach, die größte Sammlung dieser Art in Deutschland, was Raketen angeht“, so Frommann. Für ihn ist das Museum allerdings nicht ein Ort, um Raketen zu bewundern. „Das ist hier nicht Nostalgie, sondern Mahnung. Die Menschheit hat eigentlich andere Probleme, als sich gegenseitig mit so einem Aufwand wie dem Bau von Raketen umzubringen.“ Denn eine Rakete bestehe nicht nur aus dem Sprengstoff und Treibstoff: in einer Rakete stecke viele Jahre des Maschinenbaus und kleine Teile, die den Bau nicht nur aufwendig, sondern auch kostspielig machen.
Doch die Ausstellung lebt ein bisschen von der Nostalgie derjenigen, die einmal vor Ort im IWP gearbeitet haben. Wenn die Türen des Museums einmal im Monat für zwei Stunden öffnen, kommen durchaus ehemalige Arbeiter vorbei, um zu sehen, was aus ihrem alten Arbeitsplatz geworden ist. Unter anderem Rudi Knaack, der ebenfalls bis zur Wende im IWP arbeitete, sogar seine Lehre machte. „Das war eine Ausbildung zum Instandhaltungsmechaniker“, erinnert er sich, „mit einer Berufseinstellung auf Elektromontage.“ Er ist bis heute stolz auf seine Arbeit, da diese immer sehr abwechslungsreich gewesen sei. Knaack besuchte das Gelände am 28. Mai zum ersten Mal: „Ich wollte sehen, ob sich etwas geändert hat.“

Verschiedene Gründe für Besuch

Andere Besucher sind rein aus Interesse dort – so Wolfgang und Renate Schmidt. „Ich war interessiert“, erklärt er, „da ich damals in der Schule immer den Produktionstag hier in Pinnow verbracht habe.“ Zuletzt war er 2001 auf dem Gelände des heutigen Museums. „Da wollte ich jetzt einmal die Gelegenheit nutzen und sehen, was aus dem Gelände geworden ist.“ Frommann wünscht sich deswegen nicht nur den Erhalt des Museums, sondern auch eventuell eine Teilzeitkraft, die das Raketenmuseum zu regelmäßigen Öffnungszeiten öffnen könnte. „Dann ist das Museum vielleicht nicht nur zwei Stunden im Monat geöffnet“, betont er.

Termine für Öffnungen des Raketenmuseum Pinnow

● Termine:
25. Juni 2023, 30. Juli 2023, 27. August 2023, 24. September 2023, 29. Oktober 2023 (jeweils der letzte Sonntag des Monats)
● Öffnungszeiten:
von 14 bis 16 Uhr
● Eintrittsgeld:
2 Euro für Erwachsene
Für Kinder bis 16 Jahren frei