"Es gibt bislang keine Kulturlandschaft, die das Europäische Kulturerbesiegel trägt, dabei sind die Kriterien für die Vergabe dieses Siegels eigentlich gerade auf Kulturlandschaften zugeschnitten", erklärt Kenneth Anders, zuständig für das Programm im Oderbruch-Museum Altranft und Teil der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft. Das Oderbruch mit seinen 900 Quadratkilometern wäre dann tatsächlich die erste Kulturlandschaft, die dieses Siegel erhält. Die Mitwirkung vieler Akteure sei nämlich genau das Ziel, auf das das europäische Kulturerbesiegel abziele – anders als etwa das Kulturwelterbesiegel der UNESCO.

Akteure der Kommunalpolitik überwinden Kirchturmdenken

Eine besondere Leistung, die bereits jetzt gelungen sei, sei denn auch, viele Akteure der Kommunalpolitik mit ins Boot zu holen und der gesamten Region Oderbruch so eine Stimme zu geben. "Es fällt kommunalen Akteuren oft schwer, das Kirchturmdenken zu überwinden und sich auf ein gemeinsames Projekt zu verständigen. Genau dies ist hierbei aber gelungen", so Anders. Am Sonnabend traten die Stadt Lebus und die Gemeinde Reitwein der Arbeitsgemeinschaft bei, dem jetzt bereits 20 Kommunen angehören. Michael Böttcher, Bürgermeister der Gemeinde Letschin und Vorstandsvorsitzender der AG, die damit bereits mehr als 50 000 Menschen vertritt, begrüßte die Neumitglieder. Interesse an einer Mitgliedschaft haben aber bereits weitere Kommunen, auch aus dem Barnim, gezeigt, erzählt Kenneth Anders.
Frank Schütz, Bürgermeister von Golzow, sieht in dem Vorhaben des Kulturerbesiegels einen wichtigen Baustein zur Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaft Oderbruch. Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang die Broschüre "Das Oderbruch – Menschen machen Landschaft", mit der sich die Arbeitsgemeinschaft um die Einreichung für das Siegel beworben hat.
Diese Broschüre bekam für Kenneth Anders in der Corona-Zeit nochmals eine besondere Bedeutung. "Anfang Juni sollten wir das Projekt eigentlich in Berlin vorstellen, coronabedingt musste dieser Termin abgesagt werden. Aber mit der Broschüre haben wir ein wirklich gutes Dokument vorgelegt, um die Bedeutung der Kulturlandschaft Oderbruch hervorzuheben. Wir haben alle Inhalte selbst erarbeitet", klingt ein gewisser Stolz auf die Arbeit der Akteure der AG mit.

Entscheid durch Kultusministerkonferenz im November

Im November wird nun also die Kultusministerkonferenz darüber entscheiden, ob die Bewerbung einer europäischen Jury vorgelegt wird. Und was vermelden die Buschtrommeln in Sachen Aussichten für die Einreichung an die europäische Jury? "Dazu gibt es bislang tatsächlich noch gar keine Nachrichten", so Anders. Er wisse lediglich, dass es mit dem Kloster in Fulda ein zweites Projekt gibt, das sich für das Europäische Kulturerbesiegel bewirbt, ob die Kultusminister eine der beiden Bewerbungen auswählen, oder sogar zwei einreichen – was möglich wäre – könne er nicht sagen.
Fulda habe vielleicht den Vorteil, dass das Projekt klarer zu umreißen sei. Aber für das Oderbruch spreche eben, dass die Kriterien des Siegels genau auf so ein Projekt zugeschnitten seien. Daher hoffe er sehr, dass es gelinge, die Kultusministerkonferenz zu überzeugen. Im Idealfall geht die Bewerbung also Ende des Jahres nach Brüssel, wo dann ein Jahr später über die Vergabe des Siegels entschieden wird.