Bad Freienwalde. Simone Rades kann sich nichts anderes mehr vorstellen, als selbstständig zu sein. Sie genieße ihre Freiheit als Unternehmerin, obwohl dies zum Teil auch sehr stressige Tage mit sich bringe, sagt sie.Der Frauentag sei nicht so "ihr Ding".
Einmal zwei Blumenläden mit drei Mitarbeiterinnen zu führen, habe einst jenseits ihrer Vorstellungskraft gelegen, sagt Simone Rades (47) ohne Umschweife. "Ich wollte Korbflechterin werden", blickt sie auf ihre Jugendzeit zurück. "Das fand ich einfach interessant", fügt sie hinzu und verweist darauf, dass sie auf einem Bauernhof in Neukietz aufgewachsen und mit der Feld- und Hofarbeit vertraut sei. Das mit der Gärtnerlehre bei der LPG in Eichwerder und Altranft habe sich dann so ergeben.
Nach der Ausbildung habe sie 1989 in der Konsumgüterproduktion im Dränrohrwerk in Bad Freienwalde anfangen. Motivation sei damals der doppelt so hohe Lohn gewesen, erzählt sie. "Wir haben Vasen, Töpfe und auch Spardosen in Form eines Hahns aus Ton hergestellt." Wobei es bei Letzteren immer Probleme gegeben habe. Nach der politischen Wende in der DDR sei alles rasant gegangen, die Konsumgüterproduktion als erster Bereich geschlossen worden und sie in der Tonaufbereitung gelandet. "1994 kam unsere Tochter zur Welt", sagt sie.
Dazu gehört doch aber ein Mann und vielleicht auch eine Hochzeit? "Natürlich", antwortet sie und springt noch einmal in das Jahr 1989 zurück. "Wir wollten auch raus aus der DDR, aber ich war ja noch keine 18. Das wurde ich erst Anfang November, wir haben zwei Tage später geheiratet und am 9. waren schon die Grenzen offen. Das hat uns total überrascht."
Danach hätten sie erst einmal abwarten wollen, aber schon bald Bewerbungen geschrieben. Letztlich sei aber nicht das Richtige dabei gewesen. "Mein Mann hat als Schlosser und Schweißer immer Arbeit gehabt" – Sie dagegen sei kurzzeitig arbeitslos und auch als ABM-Kraft tätig gewesen. "Nach dem Erziehungsurlaub habe ich Qualifizierungen zum Landschaftsgärtner und auch für den Verkauf absolviert." Aus dem letzten Praktikum im Blumenladen von Ines Krüger an der Waldstraße sei eine Festanstellung für fast zehn Jahre geworden. Doch dann habe Diane Marchewka sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, deren Geschäft in der Königstraße zu übernehmen. "Ich hatte Angst", gibt Simone Rades zu. Doch ihr Mann habe ihr zugeredet: "Mach das, entweder es klappt oder nicht."
Inzwischen hat sie mit diesem Geschäft die Straßenseite gewechselt und führt es fast 13 Jahre lang. Im Mai 2018 kam das in Friedhofsnähe an der Waldstraße dazu. Mit Doreen Kreft, Jana Braatz und Claudia Dobberke hat sie drei Mitarbeiterinnen und staunt manchmal über sich selbst: "Als Geschäftsfrau hat man einen Haufen Arbeit, da fragt man sich manchmal schon, warum man sich das antut. Aber es macht Spaß, sich selbst zu verwirklichen."
Wichtig sei dabei allerdings, dass einem die Familie zur Seite stehe. "Meine Tochter hat immer gesagt, die Arbeit geht vor. Sie hat damit aber auch verzichten müssen, war abends zum Beispiel allein, als mein Mann und ich zum Großmarkt gefahren sind." Dennoch habe die Tochter sonnabends sogar Mittag gekocht. "Nudelauflauf konnte sie perfekt", sagt Simone Rades und muss lachen. "Wir haben unsere Tochter nach ein paar Wochen um Abwechslung gebeten", erklärt sie und weiß: "Wenn es nötig wäre, würde mir meine Tochter noch heute helfen. Sie hat aber Erzieherin gelernt." Um selbst auszubilden, fehlt Simone Rades die Berechtigung.
Anlässe wie Valentins-, Frauen- oder Muttertag seien auch nicht ihr Ding. "Natürlich sind diese Tage schön, aber wir haben da alle Hände voll zu tun und wissen vorher nicht, worauf wir uns einstellen sollen, was die Kunden wünschen. Blumen kann ich ja nicht auf Vorrat kaufen." Da wäre es ihr doch lieber, wenn sich der Ansturm zu diesen Tagen auf das Jahr verteilen würde. Zumal auch die Großmarktpreise in die Höhe schnellen.
Und wozu greifen Kunden jetzt? "Zu farbenfrohen Frühlingssträußen, zu Tulpen, Fresien und Ranunkeln." Hobbygärtnern rät Simone Rades unterdessen noch um etwas Geduld. "Hornveilchen und Stiefmütterchen gehen, aber alles andere braucht noch etwas Zeit."