Die Spurensuche von Detlef Mallwitz aus Ortwig nach der NS-Künstlerkolonie im Oderbruch ist noch bis zum 16. August im Wriezener Rathaus zu sehen. Intensiv hat sich der frühere Leiter der Letschiner Heimatstuben mit dem Thema auseinandergesetzt, Akten und einschlägige Literatur studiert, Biografien gelesen und Zeitzeugen befragt. Er war im Bundesarchiv, im Landesarchiv und im Kreisarchiv Barnim. In Wort und Bild, mit Fotos, Texten, Karten und Bauplänen hält er dieses außergewöhnliche Stück Regionalgeschichte fest.
Im Titel der Ausstellung "Berlin bei Wriezen. Auf den Spuren einer NS-Künstlerkolonie im Oderbruch" steckt die spöttische Reaktion auf schwergewichtige Tatsachen, so Mallwitz: "Immerhin sollten hier rund 10 000 Leute für die künstlerische Produktion arbeiten, eine S-Bahn von Berlin nach Wriezen und ein Autobahnanschluss gelegt werden. Geplant war eine Künstlerkolonie im Oderbruch, und zwar in den Städten Wriezen und Bad Freienwalde." 1940 bekam Arno Breker, der "Michelangelo des Dritten Reiches", wie er, ebenfalls spöttisch, genannt wurde, das Rittergut Jäckelsbruch von Hitler persönlich zu seinem 40. Geburtstag geschenkt. Das Herrenhaus oder Schloss, wie es abwechselnd genannt wird, ist bei Kriegsende vollkommen zerstört worden, das Atelier hat überlebt. Und es war für Detlef Mallwitz bei einem Besuch im Rahmen der Kunst-Loose-Tage Ausgangspunkt für sein Interesse am Thema. Genau wie ein Beitrag im Viadrus-Heft über Marta Mierendorff. Zudem hatte Detlef Mallwitz mit Bildhauer-Lehrer Bernhard Heiliger einen ganz persönlichen Berührungspunkt.
Wriezen statt Wunsiedel
"Die Wahl für die Bildhauerwerkstätten fiel nicht auf Wunsiedel im Fichtelgebirge, in dessen Nähe sich Deutschlands größter Steinmetzbetrieb befindet, sondern auf Wriezen", berichtet Detlef Mallwitz. Nahe gelegen im Bezug zur "Reichshauptstadt" und an einer Wasserstraße, dem Oderkanal, günstig für den Transport großer Steinblöcke wurden die Steinbildhauerwerkstätten Arno Breker GmbH 1941 gegründet und im Sommer 1942 in Betrieb genommen. "Hier sollten allein Reliefs für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und Figuren, also Menschen und Pferde für die Ausschmückung der Großen Achse in Berlin, entstehen." Albert Speer, praktisch zusammen mit Hitler Brekers Hauptauftraggeber, beabsichtigte ebenfalls, sich am Rande des Oderbruchs in den Bergen von Altranft niederzulassen. Baupläne, die die Ausstellung und das Begleitheft zeigen, verdeutlichen das gigantische Projekt. "Er war schließlich mit Breker befreundet und besuchte ihn oft in Jäckelsbruch." So muss er auch Carl Eschenbach, den Besitzer des Gutes Altranft kennengelernt haben und ihm große Teile seines "bergigen" Besitzes abgekauft haben. "Eine große Menge von Zeichnungen wurden daraufhin in Speers Privatbüro gezeichnet, von denen ein kleiner Teil in der Ausstellung zu sehen ist, so wie es mir auch gelungen ist, anhand der Lagepläne und der Luftbilder von 1953 die genauen Standorte der projektierten Bauten, einem Herrensitz und einen Bauernhof zu entdecken", so Detlef Mallwitz.
Als Nächstes wird das vom Oderbruch-Museum Altranft geförderte Kooperationsprojekt in Altranft zu sehen sein. Zudem soll es erweitert werden.
Arno Breker
Arno Breker (1900–1991) war deutscher Bildhauer und Architekt. Umstritten ist er aufgrund seiner Bedeutung für die Kunst im Dritten Reich. Denn er wurde von der NS-Propaganda vereinnahmt und zum Vorkämpfer der nationalsozialistischen Revolution stilisiert. Zu seinem 40. Geburtstag erhielt Arno Breker das ehemalige Rittergut Jäckelsbruch bei Wriezen von Adolf Hitler geschenkt.