Der Ort, in dem Horst Pohle aufwuchs, ist nur noch Bauschutt. Die Abrissarbeiten für das Wohnhaus am Ortseingang in Lindenberg sind in vollem Gange, das Gebäude ist verschwunden. Das Gelände ist in Privatbesitz, was damit passiert, steht noch nicht fest.
Etwas Wehmut kommt bei dem 77-Jährigen schon auf, als er vor dem Haufen Schutt steht. „Man muss aber auch zugeben, dass das Gebäude jahrelang ein Schandfleck war, als es leer stand“, sagt er.
Fein säuberlich hat sich Pohle notiert, wie er im Juni 1945 als knapp 5-Jähriger nach der Vertreibung aus Schmachtenberg (Kreis Crossen) mit seiner Oma, seiner Mutter, der Tante und einem Cousin hierher kam. „Wir waren hier am Anfang die Flüchtlinge, lebten zu fünft auf zehn Quadratmetern.“ Geschlafen wurde nach Pohles Erzählungen in zwei Betten auf Strohsäcken, geheizt wurde mit Holz. Das Gelände bestand aus zwei Häusern, er lebte mit seiner Familie in dem vorderen Gebäude: „Hier wohnten insgesamt circa 23 Leute“, berichtet er. Die Namen und die Zimmeraufteilung der Familien hat er auf einem Zettel aufgezeichnet.
Obwohl er in einfachen Verhältnissen aufwuchs und eine Geschichte der Flucht hinter ihm lag, erinnert sich Pohle doch gerne an die Zeit in Lindenberg: „Die Integration mit den Einwohnern war zwar am Anfang etwas zurückhaltend, aber später waren wir zum Beispiel auch bei der Fastnacht dabei.“ Außerdem wurde er in Lindenberg konfirmiert. Die Bewohner lebten damals als Selbstversorger: „Wir haben Vieh gehalten und geschlachtet. Außerdem haben wir Getreide geerntet und es zur Mühle gebracht.“
Das Holz haben die Schüler im Herbst im Wald für den Winter gesammelt. Das Wohnhaus lag auf dem damaligen Gutsgelände, Pohles Mutter arbeitete in der Gutsgärtnerei am Bahnhof. Für die Aufnahme auf dem Gutshof wurde laut Pohle verlangt, dass man auf dem Hof mithelfe.
Er besuchte die Schule in Lindenberg bis zur 8. Klasse, pendelte danach zur Lehre als Schlosser nach Beeskow. Im Oktober 1963 zog er dann nach Beeskow, wo er fortan mit seiner Frau lebte. Die Verbindungen nach Lindenberg und zu den Einwohnern blieben aber bestehen: Seine Großmutter lebte dort bis 1975.
Mit seiner Abschlussklasse der Lindenberger Schule gab es außerdem immer wieder Klassentreffen: „Viele der Absolventen sind mittlerweile leider verstorben“, bedauert er. Nachdem er nun seit 55 Jahren in Beeskow lebt, dort arbeitete und sich mittlerweile in vielen Ehrenämtern wie als Schiedsrichter und im Seniorenverband einbringt, fühlt er sich dort heimisch. Auch seine drei Kinder wuchsen in Beeskow auf.
Seine Zeit in Lindenberg aber habe ihn maßgeblich geprägt. Stolz zeigt er zum Abschluss Fotos, die ihn bei der Konfirmation und bei der Fastnacht in Lindenberg zeigen. Die Erinnerungen bleiben für Horst Pohle damit lebendig.