Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, an dem sich kurz vor Heiligabend Lieberoser und Besucher von Neuzelle bis Cottbus zusammengefunden haben: die Landkirche der Stadt. "Rund 30 Jahre nach dem Tod von Michelangelo im Jahr 1564 ist dieser Altar entstanden", macht Dieter Klaue vom Förderverein die historische Dimension deutlich. Das Schulenburg-Epitaph, als Grabmonument für Joachim von der Schulenburg (1522 bis 1594) errichtet, ist eines der herausragenden Werke der Renaissance in der Mark Brandenburg und dient seit 1948 als Altar in der Landkirche. "Und der Taufstein ist 416 Jahre alt", ergänzt Dieter Klaue. Dazu wird an diesem Abend die Harfe – eines der ältesten Musikinstrumente der Menschheit – gespielt.
Distanzsäulen in Sachsen
Zum himmlischen Klang, für den Harfenistin Antje Gräupner sorgt, kommt die wohltönende Stimme von Michael Becker. Der Schauspieler, unvergessen seine 33-jährige Präsenz auf der Bühne des Staatstheaters Cottbus, hat Erinnerungen, die ihn mit Lieberose verbinden. So kommt er auch gleich auf ein Histörchen zu sprechen: die Postsäule als ungeliebtes Geschenk des Königs. August der Starke hatte vor rund 300 Jahren die Aufstellung von Distanzsäulen in Sachsen und damit auch in der Lausitz befohlen. Was die Lieberoser allerdings verdross, war die Tatsache, dass sie das Geschenk selber bezahlen sollten.  Darauf hatten die Lieberoser keine Lust", erzählt Michael Becker in seiner Geschichte, die er erst wenige Tage vor der Lesung nach Informationen von Dieter Klaue aufgeschrieben hat. Den Dichter Puschkin lässt er danach zu Wort kommen. "Bis zur Wende trug unsere Lieberoser Schule seinen Namen", erinnert er die Zuhörer.
"Das Jahr geht auf die Neige, und das schönste Fest ist da", zitiert er Theodor Fontane, an dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr mit vielen Veranstaltungen erinnert wurde. Und Michael Becker liest den Klassiker, die Weihnachtsgeschichte von 1897, in der die achtjährige Virginia an die New Yorker Tageszeitung "The Sun" die Frage richtete, ob es einen Weihnachtsmann gibt. Dann taucht Michael Becker in seine Geschichten ein, die er über Lieberose, sein Kindheit und die vertrauten Menschen geschrieben hat: bei welchem Bäcker es die besten Brötchen gab, dass zum Heiligabend der Kartoffelsalat mit den Mini-Wiener Würstchen gehörte und wie für ein Neujahrsessen einmal nur eine Gänsegerippe mit Kartoffeln und Soße übrigblieb – weil eine Silvesterfeier gar zu sehr ausgeartet war. Ein Ausflug mit Astrid Lindgren in die Welt von Pelle, das Gedicht "Weihnachten" von Joseph von Eichendorff, die Geschichte der beiden Lieberoser Mädchen Liesbeth und Inge, wie sie ihre ersten Ausländer kennenlernten, folgen.
Antje Gräupner, Harfenistin des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Cottbus, ergänzt mit ihrem Spiel die Texte – bezaubernd nicht nur "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" und "Stille Nacht".  Mit der Geschichte "Weihnachten in Lieberose. Ein Wunder, ein einziges Wunder" beschreibt Michael Becker nicht nur sein Weihnachten, zu dem es in seiner Kindheit "immer schneite". "Einmal im Jahr war ganz Lieberose, zu Pastors Freude, religiös." Michael Becker wurde als Siebenjähriger gemeinsam mit seiner Schwester mit dem Wasser aus dem historischen Steinbecken getauft. Mancher Zuhörer findet sich in seinen Geschichten wieder.