Vor zwei Wochen hatte Anna Grunemann den Kahlschlag im Mochlitzer Park entdeckt. Damals waren die Sägearbeiten noch voll im Gange. Grunemann informierte Bekannte und Nachbarn. Die Anwohner und Naturliebhaber Herbert Schulz und seine Frau Martina Kunath informierten das Forstamt. Noch heute steigen ihnen Tränen in die Augen, wenn sie vor der Brache mit den Holzstapeln stehen. "Für uns war das mal der Märchenwald", sagt Kunath. Am gegenüberliegenden Seeufer steht ihr Geburtshaus. "Früher sind die Mochlitzer Kinder hier zur Schule gegangen", zeigt Schulz auf den einstigen Uferweg. "Der war auf Wanderkarten eingezeichnet." Jetzt ist er nicht mehr begehbar.
Drei Fälle mit Fällungen
Eschen und Eiche sind Hartholz und darum besonders wertvoll. Für einen solchen Stamm, wie sie im Mochlitzer Park zu Dutzenden gefällt liegen, kann man laut aktuellen Holzpreisen mehrere tausend Euro erzielen. Selbst Oberförster Becker reagiert entsetzt über das Ausmaß der Fällungen. Mindestens "hinterfragenswert" nennt er den Fall und verspricht Untersuchung.
Im Birkenwäldchen an der Landstraße, wo das alte Kriegerdenkmal steht, sind derweil ebenfalls Dutzende Bäume gefällt worden. Wie im Mochlitzer Park trugen sie rote Markierungen. Ebensolche tragen knapp 50 Bäume im Byhletal. Als die bereits sensibilisierte Dorfgemeinschaft diese bemerkten, schlugen sie Alarm: wandten sich wieder ans Forstamt, schrieben Mails an die Untere Naturschutzbehörde, die Förster, mancher gar ans Umweltministerium. Letzten Dienstag folgte ein erster Ortstermin im Byhletal, gemeinsam mit Förstereien und Umweltamt. 25 Jamlitzer waren vor Ort, obwohl zur vormittäglichen Arbeitszeit, auch Jugendliche vom Julius-Dellbrück-Haus kamen. Thomas Röver von der Naturschutzbehörde betonte, sein Amt sei darüber nicht informiert worden. Die Förster Becker und sein Revier-Kollege Balzer sind überrascht ob der großen Anzahl der Markierungen. Bei einer früheren Begehung mit dem vom Besitzer beauftragten Unternehmen habe Balzer ganz andere Empfehlungen gegeben.
Im Byhletal speisen zahlreiche Bodenquellen das Flüsschen Byhle. "Das Wasser fließt in Lieberose in den Schwielochsee, weiter in die Spree, die Havel, die Elbe und dann in die Nordsee", betont Herbert Schulz gerührt. Außerdem leben und brüten in dem Wald zahlreiche seltene Tierarten. Wenige hundert Meter entfernt vom Byhletal beginnt das Naturschutzgebiet Schwansee-Reicherskreuzer Heide, ein Teil der Lieberoser Heide. Diese wiederum bereitet sich seit Monaten aktiv auf die Internationale Naturausstellung (INA) 2022 vor, bei der auch Randgebiete – wie beispielsweise in Jamlitz – einbezogen werden sollen.
Wertvoll für die Gemeinschaft
Alle drei Grundstücke – Mochlitzer Park, Birkenwäldchen und Byhletal – gehören seit einer Versteigerung im Paket durch die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH vor etwa fünf Jahren einem Besitzer, der von Ferne einen Verwalter eingesetzt hat. Angeblich sei der Besitzer schon früher mit ähnlichen Fällungen an anderen Stellen aufgefallen.
"Wir wollen ja gar nicht, dass niemals mehr ein Baum angefasst werden darf", betont Anna Grunemann für die Dorfgemeinschaft Jamlitz, "aber wir wollen, dass dem nachgegangen, dass das untersucht wird." Besonders wichtig ist den Jamlitzern Grunemann, Schulz und Kunath auch, dass sie niemanden beschuldigen wollen. Sie wollen Aufmerksamkeit erreichen und eine Untersuchung der Vorfälle. "Es heißt immer, das Brandenburger Naturschutzgesetz sei eines der stärksten", so Grunemann. Dann solle es aber auch umgesetzt werden, findet sie. "Was haben wir denn sonst hier?", betont auch Schulz. "Das Dokumentationszentrum des ehemaligen Konzentrationslagers und eben diese schöne Natur!" Schulz sagt selbst, dass er kein großer Redner ist. Aber die Sache ist ihm wichtig, dafür nimmt er immer wieder seinen "ganzen Mut zusammen".
Anna Grunemann fällt das nicht schwer: "Neben all dem Identitätsstiftenden, was mit der Byhle verbunden werden kann, geht es doch gleichberechtigt auch darum, ein kühlendes, atmendes Biotop in Zeiten heißer werdender Sommer und wütender Waldbrände zu erhalten." Sie und ihre Mitstreiter betrachten es als für die Gemeinschaft wertvoller, wenn die Bäume bleiben.
Ortstermin Nummer zwei
Erstritten haben die Jamlitzer nun, dass die Fälle der Fällungen untersucht werden. Försterei und Untere Naturschutzbehörde sind involviert. Am Dienstag trafen sie sich noch einmal zum Ortstermin im Mochlitzer Park. Oberförster Becker schätzt im Anschluss ein: Die gefällten Eschen waren am Absterben, forstwirtschaftlich sei richtig gehandelt worden. Aber Art und Weise verstoßen womöglich gegen Naturschutzbestimmungen. "Die Wasseraustritte des Quellmoorgebiets hätten nicht verschlossen werden dürfen", zählt er auf, auch die Schäden am Boden hätten verhindert werden können und müssen. "Es ist völlig richtig", stellt er noch dankbar fest, "dass Bürger sich an uns wenden, wenn sie solche Dinge entdecken."
Die konkrete Einschätzung aber obliegt nun der Naturschutzbehörde. Für Sachgebietsleiter Röver war es wichtig, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, die Rückungen und Baumarten zu sehen. Für ein Fazit sei es aber noch zu früh. Fakt ist: "Am Denkmal handelt es sich vornehmlich um Eiche, in Mochlitz um Esche", so Röver. Was nun naturschutzrechtlich zulässig war und was nicht, müsse aber noch detailliert untersucht werden. Ebenso der Zweck der Markierungen in der Byhle. "Auch der Bewirtschafter wird sich erklären müssen", ergänzt Röver. Grundsätzlich sei eine Nutzung ja möglich, aber "es kommt auf das Maß an".
Die Jamlitzer sind zunächst zufrieden: "Dieses Jahr haben wir sicher Ruhe", hofft Anna Grunemann. Aber sie sammeln weiter Unterschriften – über 25 haben sie schon – und eine Wiederholung des Zitterns um die geliebten Bäume nächstes Jahr wollen sie gern ausgeschlossen wissen.