Dann kommt ein kleines Stofffetzchen rein. Alles wird mit einem Stopfer verdichtet. Auf die (selbstverständlich selbst gegossene) Bleikugel verzichten die Herren, denn dieses Mal soll es "nur" krachen, blitzen und dampfen. Als der Bolzen auf die Zündkapsel trifft, gibt es bei Siegfried Brettin nur einen kleinen Knall, wie bei einer Spielzeugpistole: Das Schwarzpulver ist diesesmal nicht gezündet. Ganz anders bei Horst Schwede: Ein satter, ohnenbetäubender Knall hallt durch den Wald, aus dem Lauf schießt ein Feuerstrahl. Unmittelbar nach dem Schuss lächeln die beiden gestandenen Männer wie zwei Spitzbuben: "Das ist mal ein Schuss, was?" Beim zweiten Versuch gelingt das laute Hörerlebnis dann auch mit dem Vorderlader des Sheriff Siggi.
Auf dem Gelände des Lieberoser Schützenvereins haben sich bis Donnerstag rund 30 Indianer, Trapper und andere "Westmen" eingefunden. Daneben auch Waldläufer, Soldaten des Amerikanischen Bürgerkriegs und andere Gestalten. Sie hausen in urigen Stoffzelten, die je nach Rolle die Form eines indianischen Tipi, einer Siedlerhütte oder oder eines Armeezelts aufweisen. Die Darsteller, die aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen angereist sind, haben es sich auf dem Vereinsgelände richtig gemütlich gemacht: Viele der Behausungen verfügen über einen Holzofen mit sorgfältig verlegtem Abzug aus Ofenrohr.
Horst Schwede und seine Kollegen vom Schützenverein Lieberose haben nach einer Pause von etwa vier Jahren die Schwarzpulvertage wieder aufleben lassen. "Die vergangenen Jahre war irgendwie tote Hose, keiner wollte mehr kommen", erinnert sich der Sportwart des Vereins, der als "Old Trappper Horst" auftritt. Seit diesem Jahr gebe es eine unerklärliche Renaissance. Gemeinsam mit "Sheriff" Siegfried Brettin bewacht er den Eingang des Vereinsgeländes. Dann und wann müssen die Vorderlader auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet werden, versteht sich. Dies geschieht dann in Form einer Prozedur, die Ohren, Augen und Nase erfreut.
2003 wurden die Schwarzpulvertage das erste Mal durchgeführt. Mehrere Jahre lang war die Veranstaltung ein Publikumsrenner mit mehreren Hundert Besuchern und mehr als 100 Darstellern. "Es gab sogar eine Ladenstraße", erinert sich Thomas Bussian aus Bitterfeld-Wolffen. Danny Barteska aus Bernau ist mit seinem stilecht ausstaffierten Darstellertrupp "Rat-Pack" dabei. Er selbst ist als "Hessischer Jäger" verkleidet. Die seien beim Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg im Einsatz gewesen, berichtet er. Am Freitag wird die "Hampton’s Legion" erwartet: Blauröcke und Grauröcke stellen die Parteien des Amerikanischen Bürgerkriegs dar. Am Freitag und Samstag werden etwa 60 Darsteller auf dem Gelände sein, berichtet Organisator Schwede.
Draußen mit Schweinespieß
Interessierte können im Zeltlager vorbeischauen und das zünftige Lagerleben genießen. Dort sind Tipis und klassische Weißzelte aufgespannt. Schüsse mit Schwarzpulver sind zu genießen: eine eindrucksvolle Erfahrung für Auge, Nase und Ohren. Interessierte haben die Möglichkeit, mit Pfeil und Bogen, beziehungsweise mit Armbrust zu schießen. Außerdem wollen die Westmen auf dem Gelände ein Schwein zu braten.
Auch wird ein Musiker erwartet, der Lagerfeuerstimmung verbreitet. Wer mag, kann sich an einer Runde Bratpfannen-Tennis, einem alten Armeespiel, beteiligen. Am Sonntag brechen die Westmen ihre Zelte wieder ab.