"Ein herzensguter Mensch"
Der neue Trainer des Aufsteigers in die Landesklasse Nord hat nicht nur Fans im Barnim. "Ja, Lucio polarisiert. Entweder er wird geliebt oder gehasst", weiß sein Vorgänger und guter Freund Dirk Opitz, der aber betont: "Ich lasse auf ihn nichts kommen. Lucio hat sich seinen Reichtum selbst erarbeitet. Er ist ein herzensguter Mensch, zuverlässig, ehrlich und gerade heraus. Man kann sich immer blind auf ihn verlassen."
Einheit Zepernick war die Mannschaft, über die in den vergangenen Wochen wohl am meisten gesprochen und diskutiert wurde. Und nicht nur, weil der Aufstieg aufgrund der Quotientenregel denkbar knapp gelang. Man hat dort Großes vor.
Denn während viele andere große Clubs im Barnim wie der FSV Bernau oder Preussen Eberswalde immer weniger Geld für externe Fußballer ausgeben und sich auf regionale, junge Talente fokussieren, geht man in Zepernick andere Wege. Mit Alexander Knappe, der schon in der U19-Nationalmannschaft kickte, mit dem Ex-Oberliga-Kicker Patrick Töpfer und mit Kevin Capolei, der Erfahrung aus der Brandenburgliga und Berlin-Liga mitbringt sowie Torschützenkönig 2018, Patrick Kain, hatten die Zepernicker schon in der abgebrochenen Saison eine bärenstarke Truppe am Start, schafften so den Aufstieg.
Hochkaräter verpflichtet
Nun verpflichtete Neu-Trainer Lucio Geral nochmal nach und holte mit ehemaligen Regionalliga-Spieler Kevin Maek, mit Steven Puhlmann, einem der besten Landesklasse-Torschützen und mit Marinko Becke vom Brandenburgligisten FSV Bernau unter anderem erneut drei hochkarätige Spieler, die bereits höherklassig gespielt haben.
Viele Fußball-Fans kritisierten, dass hier mit viel Geld eine Mannschaft zusammen gekauft werde, was nicht mehr der Idee vom Freizeit-Fußball entspreche. Von Söldnern ist die Rede. Lucio Geral weist das deutlich zurück. "Finanziell ist hier in Zepernick nichts anders als vorher. Ich habe aufgrund meiner eigenen Fußball-Vergangenheit und meinem Netzwerk Leute geholt, zu denen ich einen persönlichen Bezug habe", sagt der 33-Jährige und beteuert: "Die Bratwurst-Nummer ist schon sehr nah an der Realität. Wir haben keinen großen Investor, der mit Geld um sich wirft." Er setze auf andere Werte. "Neben der Freundschaft denke ich auch, dass wir mit unserem sehr guten Rasenplatz, mit mir als Trainer und dem Verein, der die Leute immer sehr herzlich empfängt, überzeugen können. Das sind die Basics, die ich ins Schaufenster gehangen habe. Wenn jemand hier Millionär werden will, dann ist er hier nicht richtig. Ich habe auch einige angesprochen, die dann aber Summe x haben wollten und da musste ich ganz klar sagen: Das können wir nicht darstellen."
Gerals Zepernick-Geschichte begann vor drei Jahren. Beim TSV Lichtenberg in der Bezirksliga hatte er bereits unter Trainer Dirk Opitz gespielt. Geral konzentrierte sich dann zunächst auf dem Beruf. Der gelernte Bankkaufmann baute zwei Firmen auf, in denen es um Baufinanzierungsvermittlung und Immobilienverkauf geht. Daneben ist für den Hannover 96-Spieler Linton Maina als Spielerberater tätig.
Als er endlich mal wieder Zeit hatte, nebenbei ein wenig zu kicken, schrieb er seinen Ex-Trainer Opitz an, der mittlerweile bei Einheit Zepernick war und fing dort als Spieler an.
Herzensprojekt im Fokus
"Lucio hatte es am Anfang schwer", erinnert sich Dirk Opitz. "Er war nicht der Fleißigste, ist als Spieler oft den bequemeren Weg gegangen, das kam bei vielen nicht gut an." Inzwischen habe sich sein Ex-Schützling aber geändert, weiß Opitz. "Er ist gereift. Man merkt: Das Projekt Zepernick liegt ihm wirklich am Herzen. Nur so konnte er auch so viele Spieler dafür begeistern."
Mittlerweile hat Geral das Traineramt übernommen. Seine Fußball-Philosophie: "Bei mir dreht sich alles um den Ball. Wir trainieren viel mit eigenem Ballbesitz, wollen mit wenigen Ballkontakten schnell in die gegnerische Hälfte zu kommen, immer unter den Fokus der Ballkontrolle." Hoch und weit bringt Sicherheit – das ist nicht seins. "Wir haben neue Trainings-Schwerpunkte gesetzt. Da gab es auch erstmal einige Vorbehalte, aber man hat dann schnell gesehen, dass es Früchte getragen hat. Durch meine Einblicke bei Hannover 96 habe ich auch Trainingseindrücke bekommen, die ich umsetzen möchte."
Stammplätze verloren
Die Zusammensetzung des Kaders hat sich geändert. Nicht alle aus dem Aufsteiger-Team werden in der kommenden Saison noch einen Stammplatz haben. "Der Großteil der Spieler hat das aber gut aufgenommen", sagt Geral. Eine "Überfremdung" werde es nicht geben. Man werde weiterhin versuchen, Zepernicker im Kader zu halten. "Letztendlich ist es mir wichtig, dass die Spieler sich hier einbinden, Verantwortung im Verein übernehmen. Wenn sie dann ein Zepernick-Trikot anhaben, sind sie für mich Zepernicker, egal wo sie wohnen."
Gerals Ziele sind langfristig ausgelegt. Er hat in Zepernick ein Haus gekauft, in das mittlerweile auch seine Eltern eingezogen sind. "Mein Vater kommt aus Mosambik, hatte anfangs Bedenken in puncto Ausländerfeindlichkeit, aber wir sind hier sehr toll aufgenommen worden, fühlen uns alle sehr wohl." Die Brandenburgliga, gibt der 33-Jährgie zu, wäre schon ein Traum. "Mehr macht für Zepernick aber keinen Sinn. Ob und wann wir das schaffen, da machen wir uns aber keinen Druck."
Haarscharf ist der SG Einheit Zepernick in der abgebrochenen Saison der Aufstieg in die Landesklasse Nord gelungen. Im neuen Team sind unter anderem Max Gronski, Stefan Schulz, Benedikt Schickram und Eric Schneider nur noch vier Spieler aus der eigenen Jugend dabei.Mit den Eintracht Wandlitz, FSV Schorfheide Joachimsthal, Fortuna Britz und den Zepernickern sind jetzt vier Barnimer Teams in der Landesklasse Nord vertreten. bag