Der Basdorfer Wolfgang Thiemig fasste unlängst seinen Ärger zusammen und machte sich in einem Brandbrief an die Redaktion Luft. Seine Forderung klingt zunächst radikal: Wenn das Wasser zum Duschen fehlt, die Kitaplätze rar und die Schulklassen prall gefüllt sind, wenn Pendler auf der L 100 zwischen Schönwalde, Basdorf und Wandlitz feststecken, dann scheint es langsam angebracht, auf die Bremse zu treten.
"Wer zwingt uns, in den nächsten fünf Jahren 2000 neue Einwohner zu begrüßen", fragte Thiemig und griff damit eine Forderung auf, die der Basdorfer Ortsbeirat jüngst vehement vertrat. "Wir dürfen nicht länger die Augen verschließen, wir brauchen eine Verkehrsentwicklungsplanung, wir ersticken im Verkehr", fasste Ortsvorsteher Peter Liebehenschel die Situation zusammen.
Pendler zunehmend genervt
Die Nachricht an den Wandlitzer Kämmerer Christian Braungard erging mit voller Wucht: Die Gemeinde benötigt dringend ein Konzept für Umgehungen und Umleitungen, um dem Infarkt zu entgehen. "Wir erwarten, dass dafür Kosten im Haushaltsjahr 2021 vorgesehen werden", präzisierte Frank Bergner (Linke). Monika Braune (BVB/Freie Wähler) sieht das Problem ähnlich. "Benötigt wird ein Konzept von Schönerlinde bis nach Wandlitz. Am Wochenende herrscht hier die Katastrophe." Und auch Thomas Rüdiger (CDU) legte nach. Es gehe eben nicht um eine Entlastungsstraße, sondern "um das Ausloten aller Möglichkeiten".
Fakt ist, wer morgens von Klosterfelde über Schönerlinde nach Berlin zur Arbeit startet, der braucht allein auf dem Gemeindegebiet Wandlitz 45 Minuten Zeit. "Mit jeder neuen Ampel auf dieser Strecke stockt der Verkehr immer mehr. Es wird langsam unerträglich", so Robert Schneider, der täglich von Wandlitz aus zu einem Berliner Autohaus startet.
Peter Liebehenschel wirbt unterdessen intensiv dafür, die kleinen "Kapilaren" zu öffnen. Damit meint er sämtliche Schleichwege, die es rund um die Ortsteile gibt. Die unter Udo Tiepelmann geschlossene Straße vom Bernauer Waldweg zur B 273 gehört dazu, wie auch die Verbindung vom Gewerbegebiet in Richtung Mühlenbecker Damm. "Unsere Hauptschlagadern verstopfen zunehmend, also brauchen wir Entlastungen", wirbt der Ortsvorsteher. Zum Thema Baustopp in Wandlitz äußert sich der Wandlitzer differenziert: Er fordert die Gemeindeverwaltung auf, stärker mit Bebauungsplänen zu agieren.
"Über den B-Plan lässt sich das Wachstum im Interesse der Gemeinde steuern. Diese Meinung vertrete nicht bloß ich, immer mehr Gemeindevertreter schließen sich dieser Sichtweise an. Der Bürgermeister bekommt an dieser Stelle Gegenwind", so Liebehenschel. Wie der Siedlungsdruck die Ortsteile verändert, lässt sich aktuell wieder am Beispiel Wandlitz verdeutlichen. Die drei Wohnhäuser des Investors Thomas Pietsch wachsen gegenüber der alten Post aus dem Boden. Dahinter werden dann schon bald weitere Mehrfamilienhäuser entstehen, denn das Areal "Güterbahnhof" soll bis hin zu den Bahngleisen erschlossen werden. Beispielsweise plant die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) den Bau von Werkswohnungen. Eine Kita soll auf dem Baugebiet entstehen, der Diner wird zum Jugendclub.