Einen Paradigmenwechsel in der Stadtpolitik hat der Bernauer Bürgermeister André Stahl (Linke) für das Jahr 2019 angekündigt. Was er darunter versteht und welche Prämissen für die Entwicklung der Stadt er setzen will, darüber sprachmit dem 47-Jährigen.
Kurz nach ihrem Amtsantritt im Herbst 2014 verkündeten Sie das Ziel, bis 2020 in Bernau 2500 neue Wohnungen zu errichten. Vier Jahre sind um. Wie ist der Stand?
Rund 720 neue Wohnungen sind fertiggestellt. Hinzu kamen zwischen 80 und 100 Einfamilienhäuser pro Jahr. Wir kommen bis jetzt also auf mehr als 1000 neue Wohnungen. Weitere 710 sind am Panke-Bogen im Bau. Die ersten sollen jetzt fertig werden. An der Schönower Chaussee muss in den Blöcken mit 120 Eigentumswohnungen noch der Innenausbau erfolgen. Und hinter Rewe in Schönow, am Venusbogen in Süd, in Friedenstal sowie an der Lenastraße stehen mehrere große Wohnbau-Projekte an. Ich bin mir sicher, dass wir die Zahl von 2500 Wohnungen bis 2020 schaffen werden, zumal es immer mal wieder auch einzelne Grundstücke in der Stadt und ihren Ortsteilen gibt, die privat mit Einfamilienhäusern bebaut werden.
Bernau hat die 40 000-Einwohner-Marke überschritten. Es mehren sich die Stimmen sowohl von Alt-Eingesessenen als auch Zugezogenen, die diese Entwicklung kritisch sehen.
Ja. Wir bemerken sehr wohl, dass das Bevölkerungswachstum zunehmend auf Skepsis stößt. Und das nicht erst seit der Stadtverordnetenversammlung im November, als sich der Unmut in der Einwohnerfragestunde öffentlich Bahn brach.
Haben Sie vor, darauf zu reagieren?
Ja, wir läuten einen Paradigmenwechsel ein.
Was heißt das?
Die Ausgangslage 2014/15 war, dass wir ein Wohnungsproblem auf uns zukommen sahen, also haben wir uns auf den Wohnungsbau konzentriert. Wir werden jetzt noch alles fertig machen, was wir angefangen haben, aber neue große Wohnprojekte wird es nicht mehr geben.
Und was ist mit dem Gelände des einstigen Heeresbekleidungsamtes an der Schwanebecker Chaussee? Dort sollen doch noch einmal 2000 Wohnungen entstehen.
Dieses Vorhaben gehört zu den bereits begonnenen - zumindest in der Planung.
Worin besteht also der, wie Sie es nannten, Paradigmenwechsel?
In den kommenden vier bis fünf Jahren konzentrieren wir uns auf den Ausbau der Infrastruktur.
Welche Projekte sollen in diesem Jahr begonnen werden?
Der Neubau der Kita „Pankewichtel“ am Schönfelder Weg, die Ertüchtigung von Haus 3 der Grundschule Schönow, um zusätzliche Räume zu errichten. Sie ist dreizügig geplant worden, muss aber wegen der wachsenden Kinderzahl vierzügig werden. Darüber hinaus wird der neue Jugendklub für den Frischluft-Verein fertiggestellt und mit der Sanierung und Erweiterung der Kita Kreatives Freizeitzentrum im Puschkinviertel begonnen. Auf dem Sportplatz Rehberge wird das Sozialgebäude erweitert, der Sportplatz am Wasserturm erhält eine neue Platzbeleuchtung, für 2020 ist die Sanierung des Kunstrasens geplant und 2021 der Bau eines Sozialgebäudes. In Birkholzaue soll das Dorfgemeinschaftshaus fertiggestellt werden, und in Waldfrieden beginnen wir im Bauhaus-Jubiläumsjahr mit dem Bau des Besucherzentrums.
Und was ist mit dem Aufreger-Thema Nummer eins in Bernau, den Verkehrsproblemen?
Wir beginnen 2019 mit dem Bau der Ladestraße, der Krimhildstraße und in 2020 mit der Bau einer Verbindungsstraße zwischen Schönfelder Weg und Albertshofer Chaussee. Die Planung des Innenstadtrings geht weiter. Außerdem werden 2000 Stellplätze in Parkhäusern entstehen. Sie wissen aber, dass wir unbedingt die Angebote im Öffentlichen Personennahverkehr ausbauen wollen, denn nur so können wir den Individualverkehr in der Stadt eindämmen. Dazu haben wir einen „Fahrplan“ bis 2025, der die Verdreifachung der Verkehrsleistungen zum Ziel hat, so unter anderem eine Verdoppelung der Stadtbuslinien und deren Ausdehnung in die Abendstunden sowie an den Wochenenden. Wir machen uns weiter für den Zehn-Minuten-Takt der S-Bahn stark, für die Verdichtung der Taktzeiten von Regionalexpress und Regionalbahn. Darüber hinaus erstellen wir ein Radwegekonzept und bauen auch Radwege: in diesem Jahr den von Birkholzaue über Birkenhöhe nach Bernau und den entlang der Schwanebecker Chaussee. Im gesamten Stadtgebiet werden Furten für Radfahrer gekennzeichnet.