„Ehrgeiz! Ohne Ehrgeiz geht nichts!“, antwortet Reinhard Segeth auf die Frage, was einen guten Trainer ausmacht. „Du musst dein Umfeld kennen und eine gute Kommunikationsstruktur aufbauen – mit den Spielern, den Vereinsmitgliedern und als Jugendtrainer mit den Eltern.“ Segeth weiß, wovon er spricht. Er ist einer der Dienstältesten Trainer im Land. Zurzeit trainiert er die Männermannschaft des Eberswalder SC, allerdings nur bis zum Ende des Jahres. So hat er es mit der Vereinsspitze abgesprochen.
Der 71-Jährige will danach wieder zurück in den Jugendbereich. „Da fühle ich mich am wohlsten, das macht am meisten Spaß. Jugendliche sind formbar und oft auch disziplinierter als die Erwachsenen. Am Jugendfußball hängt mein Herz.“

Schüler Maxim Banaskiewicz spielte in Dritter Liga

Viele junge Talente haben seine Schule durchlaufen. Einige davon spielen mittlerweile auf hohem Niveau. „Ein paar meiner Spieler haben es geschafft“, freut sich Segeth. Maxim Banaskiewicz spielte beispielsweise eine Zeit lang in der dritten Liga bei Carl-Zeiss Jena. Aber auch regionale Größen, wie Steven Zimmermann, Nick Lange oder Moritz Fedder hatte er unter seinen Fittichen. „Ja, der Moritz Fedder war ein tolles Talent. Aber der hätte viel mehr aus sich machen können. Der hatte es schon bis zur U19 von Energie Cottbus geschafft und wollte dann wohl nicht mehr. Das ist schade, der könnte es viel weiter schaffen. Aber das ist bei vielen so. Einigen fehlt leider der Wille, obwohl sie alles haben, um es zu schaffen.“

Als Spätstarter zum aktiven Fußball

Seine eigene aktive Karriere hat Segeth erst relativ spät im Alter von 15 Jahren begonnen. „Ich war ab 1964 in der Jugend von Traktor Lichterfelde aktiv, später dann bei den Männern. Ab 1970 hieß der Verein dann KIM Lichterfelde, nachdem das Kombinat Industrielle Mast dem Verein vorstand.“ Während seiner Zeit in der NVA war er in der Saison 1970/71 auch in Thüringen bei Vorwärts Meiningen aktiv. Ansonsten war er seinem Verein treu. Dass er irgendwann auch Trainer werden würde, war dem Ur-Werbelliner schon recht früh klar.

Viele Freizeit-Alternativen für Jugendliche

„Das hat mich schon immer fasziniert. Ab 1989 war ich dann zwei Jahre Trainer der Männermannschaft und dann nochmal ein Jahr bei unserer zweiten Mannschaft. Ab 1992 durfte ich dann die A-Junioren trainieren und seitdem bin ich im Jugendfußball verhaftet geblieben.“
In all den Jahren hat sich einiges verändert. Nicht nur die Trainingsmöglichkeiten, auch die Jugend an sich. Es gibt mittlerweile viele reizvolle Freizeit-Alternativen zum Fußball. Als Segeth begann, gab es zum Beispiel kein Internet. „Man muss sich heute mehr einfallen lassen, um die Kinder zu begeistern. Zudem findet der Sport heute fast rund um die Uhr statt. Man kann ja fast zu jeder Zeit irgendwo Fußball gucken. Da kann es sein, dass einige übersättigt sind.“ Man merke dies vor allem an den wachsenden Spielgemeinschaften im Jugendbereich. Viele Vereine bekommen keine eigene Mannschaft mehr zusammen. Diese Gemeinschaften seien zwar nötig, aber helfen den jungen Talenten eher wenig, glaubt Segeth. „Da fehlt mir die Kontinuität. Das ist eher zweckdienlich. Am besten ist es, wenn ein Trainer eine Gruppe von der F-Jugend bis zur B-, oder A-Jugend begleitet. So ist zumindest meine Erfahrung.“

Mit F-Jugend-Team Kreismeister und Pokalsieger

Ab 2001 kümmerte er sich um die Jugend bei Motor bzw. Preussen Eberswalde. Seine beste Zeit, wie er einräumt. „Da gab es viele tolle Talente und der Verein hat damals die Jugend auch sehr gut gefördert. Zudem waren auch bei den Jugendspielen immer viele Leute da, das ist heute leider nicht mehr so. Es gab auch einen großen Fundus an Talenten. Hätten die Vereine Motor, Lok Eberswalde und Stahl Finow besser zusammengearbeitet, dann hätten die Kids bessere Chancen gehabt. Leider hat die alte Konkurrenz-Brille das verhindert.“
Dem Erfolg hat es nicht geschadet. Gleich in seiner ersten Saison wurde sein F-Jugend-Team Kreismeister und Pokalsieger. Mit dabei waren damals schon Spieler wie Tobias Köpnick und Steven Zimmermann, die beide später in der Jugend von Energie Cottbus spielten und heute wieder für Preussen Eberswalde kicken. „Ich finde es schön, dass ich vielen Jungs, die ich schon als Steppkes kannte, heute noch zuschauen kann. Da kommen viele schöne Erinnerungen hoch.“
Glücklich macht ihn auch, dass seine Jungs immer noch spielen. Auch in Zeiten, wo in den unteren Ligen Spieler transferiert und aussortiert werden, wie früher nur bei den Profivereinen. „Ich kann das schon verstehen, jeder Verein will erfolgreich sein. Aber ich bin kein Fan dieses Systems. Vielen Vereinen fehlt die fehlt die lokale Basis, wenn kaum Eigengewächse dort spielen. Es hat seinen Grund, warum bei einigen Clubs in der Brandenburgliga nur 20 bis 40 Leute zu den Spielen kommen.“

Vom Betonwerker zum Bürgermeister

Segeth war und ist begeistert vom Amateur- und Jugendfußball. „Ich habe richtig Glück. Meine Frau ist sehr kulant. Ich meine, für den Fußball gehen zehn bis zwölf Stunden in der Woche drauf. Das ist Zeit, die du nicht zuhause bist.“ Als Rentner wiegt diese Zeit nicht so schwer. Als Segeth noch gearbeitet hat, war dies schwieriger. „Zu DDR-Zeiten war ich auf dem Bau als Betonwerker beim Wohnungsbaukombinat Frankfurt/Oder. Nach der Wende war ich dann bis 1996 hauptamtlicher Bürgermeister in Werbellin. Danach war ich dann stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes in Lichterfelde. Ich habe mich dann aber geweigert in meinem Heimatort Knöllchen zu verteilen. Das ging einfach nicht, dass ich meine Nachbarn anmeiern sollte. Also bin dort gegangen worden. Ab 1999 bin ich dann bis zur Rente beim Fahrdienst der Johanniter angestellt gewesen. Das war der beste Job, den ich hatte. Ich mag es halt, in Gesellschaft zu sein, mit Menschen zu tun zu haben.“

Segeth denkt nicht ans Aufhören

Als Trainer kann sich Segeth genauso gut umstellen, wie bei der Jobauswahl. „Das gehört dazu in über 30 Jahren. Der Fußball verändert sich ja auch. Wenn man Spiele in den 80ern und heute vergleicht, fällt einem ja auf, dass es kaum vergleichbar ist. Sowohl taktisch, als auch athletisch sind das Welten. Da musst du als Trainer Schritt halten. Das ist zwar zum Teil schwierig, macht aber auch Spaß, da man immer wieder dazu lernt.“
Auch mit 71 Jahren denkt Segeth nicht ans Aufhören. „Wenn alles klappt mit der Posten-Übergabe an meinen Sohn, dann trete ich kürzer. Aber ganz ohne Fußball kann ich nicht und will ich auch nicht!“