In einer Rekordzeit von weniger als zwei Wochen hat das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz eine feierliche Würdigung des 30. Geburtstages des Nationalparkprogramms auf die Beine gestellt. Am 12. September 1990 wurden durch Beschluss des Ministerrates 14 Naturlandschaften auf dem Gebiet der ehemaligen DDR als Großschutzgebiete ausgewiesen – drei davon in Brandenburg: die Biosphärenreservate Schorfheide-Chorin und Spreewald sowie der Naturpark Märkische Schweiz.

100 Gäste im Kirchenschiff

Mehr als 100 Gäste aus ganz Deutschland waren angereist. Im altehrwürdigen und vor allem luftigen Kirchenschiff des Klosters Chorin konnte in Corona-Zeiten ausreichend Platz für eine festliche Veranstaltung bereitgestellt werden.
Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Klimaschutz, pflanzte beim „Einheitsbuddeln“ am Kloster eine Elsbeere und eine Eberesche, um dann mit einer emotionalen Rede die Bedeutung des Naturschutzes und der Schutzgebiete zu unterstreichen. „Ein ganzes Drittel des Landes Brandenburg stehen unter Schutz – das ist vergleichsweise viel“, sagte Vogel und betonte „Biosphärenreservate sind das Flaggschiff des Naturschutzes in Brandenburg“. Dabei stellte er jedoch fest, dass es bei der notwendigen Akzeptanz Nachholbedarf gebe.
So solle es Partizipation in allen Planungsverfahren geben. Schutz und Nutzung schließen sich seinen Worten nach nicht aus, wenn die Landwirtschaft auf Chemie verzichte. Brandenburg brauche einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und neue Mobilitätskonzepte, erklärte Vogel. Wohnstandorte außerhalb Berlins müssten attraktiv sein. Viel werde über Rodungen im Amazonas gesprochen - allerdings werde auch der Wald vor Ort gebraucht. Vogel verwies auf die weltweiten Zusammenhänge und forderte eine Abkehr vom bisherigen System, wie zum Beispiel das Ende des Verbrennermotors.
Michael Succow, Träger des alternativen Nobelpreises und Begründer des Nationalparkprogramms, erinnerte an seine Prägung, die er durch die DDR-Naturschutznestoren Erna (1912-2001) und Kurt (1914-2007) Kretschmann in Bad Freienwalde erfahren habe. Mit ihm sei er 1957 in der Jugendherberge Wesenberg (Mecklenburg) gewesen. Kretschmann habe 20 Gebiete ausgesucht, die er dann mit der Naturschutzeule versah. Das Eulen-Schild feierte vor einer Woche im Haus der Naturpflege in Bad Freienwalde seinen 70. Geburtstag.

Diskussion nicht vorgesehen

Eine Diskussion beispielsweise zu Minister Vogels Vorschlägen mit dem Publikum gab es nicht, was von einigen Gästen bedauert wurde. Erst nach der Veranstaltung wurde in den eindrucksvollen Räumen des ehemaligen Klosters gefachsimpelt. Viele Naturschützer der ersten Stunden waren gekommen, so wie der langjährige Präsident des Landesamtes für Umwelt, Matthias Freude, und Eberhard Henne, viele Jahre Leiter des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin.
Gleich drei junge engagierte Frauen konnten in einer von Katja Arzt von der von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde moderierten Gesprächsrunde ihre Wünsche an die Zukunft des Naturschutzes darlegen: Neben mehr finanziellen Mitteln, so Nele Richter-Harder vom Nationalpark Unteres Odertal, wünschte sich Anne Kienappel von der Naturjugend mehr Engagement an den Schulen. Kinder müssten lernen und erkennen, wie wichtig Natur ist und wie sie funktioniert. Peter Südbeck, Vorsitzender der Nationalen Naturlandschaften, betonte, dass Naturschutz nicht auf die Schutzgebiete begrenzt sein könne, vielmehr sei auch internationale Kooperation erforderlich: Die Zugvögel würden schließlich weite Wege fliegen müssen, wenn sie ihren Winterstandort aufsuchen und es müsse vermieden werden, dass sie auf dem Weg dorthin Windkraftanlagen oder Wilderern zum Opfer fallen.

Protest gegen 380-kV-Leitung

Während kritische Fragen im Rahmen des Festaktes außen vor waren, gab es dennoch vor den Toren des Klosters Protest: Unterstützer der Bewegung „Biosphäre unter Strom“ hatten Plakate mitgebracht, auf denen sie gegen die geplante 380kV- Leitung protestierten. Sie verteilten Handzettel und warnten vor den bis zu 60 Meter hohen Strommasten, die mitten durch das Biosphärenreservat führen sollen.