"Wir versuchen mit diesem Reptilienschutzzaun die Umsiedlung der Zauneidechsen zu unterstützen und eine erneute Einwanderung zu verhindern", erklärt Steffen Zasada, Wasserbauingenieur vom Wasserstraßen-Schifffahrtsamt Eberswalde (WSA) die Szenerie. An den aufgestellten schwarzen Barrieren sollen sich die seltenen Reptilien sammeln, danach ziehen sie in ein Ausweichquartier um. Notwendig ist der temporäre Umzug, da am und vor allem im Oder-Havel-Kanal in den kommenden Monaten die Bagger rollen.
Ingenieurskunst ist 100 Jahre alt
Geplant ist eine Verbreiterung des Kanals um über 20 Meter auf dann 55 Meter Breite bei einer Wassertiefe von vier Metern. Auftraggeber dieses Großprojektes ist das WSA, als untergeordnete Behörde des Bundesverkehrsministeriums. Im Januar wurde der 65-Millionen-Euro starke Auftrag an Strabag Wasserbau GmbH vergeben. Derzeit schlängelt sich der mittlerweile 100-Jahre alte Wasserweg mit rund 27 Metern Breite und drei Metern Tiefe durch den Oberbarnim. Was dereinst weltweit führende Ingenieurskunst war, ist heute für die moderne Schifffahrt zu klein. Der Oder-Havel-Kanal spielt im Netzwerk der deutschen Wasserstraßen eine bedeutende Rolle.
Auf dem sieben Kilometer langen Stück zwischen Marienwerder und Lichterfelde müssen in den kommenden Jahren die unvorstellbare Menge von einer Millionen Kubikmeter Material aus dem Kanal gebuddelt werden. Für das Baggergut steht eine Ablagefläche bei Finowfurt zur Verfügung. Ein Großteil des Materials wird für den Bau eines neuen Dammes gebraucht, erklärt Zasada. Er ist für die Bauüberwachung der Großbaustelle an der Wasserstraße zuständig. Bis 2026 soll an dem 7200 Meter langen Teilstück gebaut werden, dann dürfte der Lückenschluss zum bereits verbreiterten Abschnitt ab Marienwerder geschafft sein.
Derzeit ist es noch recht ruhig auf der Großbaustelle am Kanal. Lediglich ein paar Bagger bereiten die weiträumigen Ablageflächen vor. Voraussichtlich ab Herbst wird mit dem Ausbaggern des Kanals begonnen, erklärt Zasada. Die Wasserbagger müssen dabei Tondichtung mit einer Fläche von rund 500.000 Quadratmetern ersetzen. Diese Dichtung verhindert, dass die Landschaft  überschwemmt. Der Wasserspiegel des Oder-Havel-Kanals liegt nämlich, auch das Ausdruck deutschen Ingenieurkönnens, an vielen Stellen höher als das umgebende Gelände.
Als Auflage des Natur- und Umweltschutzes müssen aber zuvor geschützte Arten umgesiedelt werden. So wurden bereits einige Nester der Waldameisen in Sicherheit gebracht. Besonders viel Aufwand erfordert jedoch die seltene Zauneidechse. Diese besonders geschützte Reptilienart soll in den kommenden Wochen mithilfe der Zäune eingefangen und umgesiedelt werden. Rund 600 Exemplare werden in dem Areal vermutet, so Zasada. Ein spezialisiertes Unternehmen sei beauftragt, die Tiere einzusammeln. Sie sollen künftig in sicherer Entfernung leben. Ein passendes Wohlfühlareal aus Sand- und Steinhaufen ist bereits angelegt. Von den Hügeln können die Echsen dann das Treiben am Kanal von der ersten Reihe aus beobachten.