Teils mit Bewunderung, teils mit Skepsis oder auch Ablehnung wird das Areal in Freienbrink-Nord betrachtet, auf dem, noch ohne abschließende Genehmigung, der US-amerikanische Elektroautomobilbauer Tesla seine Gigafactory Grünheide errichten lässt. Fakt ist, die Ankündigung von Elon Musk Mitte November vorigen Jahres, dass im Sommer 2021 hier die ersten Autos vom Band rollen werden, klang für hiesige Verhältnisse sehr vollmundig und kaum vorstellbar. Allerdings sollte sich schnell zeigen, dass bei dem Projekt tatsächlich ein atemberaubendes Tempo angeschlagen wird.
Den Griff zu den Siebenmeilenstiefeln hat das Landesumweltamt ermöglicht, obwohl das eigentliche Verfahren noch läuft. Tesla darf seit Februar auf eigenes Risiko mit einzelnen Abschnitten vorzeitig beginnen – nach der Rodung kam die Geländeeinebnung, wurden Flachfundamente, Stützen sowie Rohrleitungen gestattet und zuletzt die Gründung oberhalb des Grundwasserleiters, der Rohbau sowie Verkehrsflächen.
Die MOZ hat Grünheider Gemeindevertreter um eine Einschätzung gebeten.
Peter Komann (SPD/Freiwillige Feuerwehr/ALG/Freie Wählergemeinschaft) Rasanten Baufortschritt wünscht sich jeder Auftraggeber, Investition soll sich schnell amortisieren. Es ist ein Segen für die Region, dass Unternehmerrisiko dazu führt, dass Behörden die Möglichkeiten der Gesetzgebung nutzen, damit eine Idee nahtlos umgesetzt werden kann, ohne die Rechtsstaatlichkeit zu verlassen. Deutsche Ingenieurskunst und eine hervorragende Baustellenlogistik führen zu den Ergebnissen. Der ambitionierte Produktionsstart kann so gelingen, Kinder und Enkel haben eine Perspektive. Parallel bedarf es der Entwicklung der Infrastruktur.
André Runge (Bürgerbündis/FDP)Hier werden Fakten geschaffen, das deutsche Baugewerbe macht einen hervorragenden Job. Mit Hilfe vorgefertigter Betonteile nimmt der Hallenbau beeindruckend schnell Gestalt an. Tesla nutzt die Innovationen im deutschen Industriebau. Polarisierend bleibt weiter für viele Bürger das Thema Wasserverbrauch. Dabei ist selbstverständlich, dass Seen, Wälder und Felder erhalten bleiben, sowie Artenvielfalt und Klimaschutz gefördert werden. Hier ist Lösungskompetenz im Verbund der Wasserbetriebe und des Landes gefragt. Schluss mit politischem Taktieren, auch in Bezug auf zügigen Ausbau der Verkehrs- und sozialen Infrastruktur.
Tobias Thieme (Die Linke) Die Linke nimmt den Baufortschritt durch Tesla in Freienbrink-Nord mit Bewunderung auf. Wichtig ist, dass den Einwohnern in allen Ortsteilen, Bedenken genommen werden können. Die Ortsbeiräte haben gute Arbeit geleistet, dafür danken wir. Aber auch wir sind gespannt, wann und wie schnell insbesondere das Land seine Hausaufgaben macht und sie zur Umsetzung kommen. In der Ebene sehen wir die größte Verantwortung und fordern Ergebnisse in naher Zukunft. Jetzt kann Brandenburgs Landesregierung seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und Vertrauensverlust aus der BER-Baustelle ein Stück weit aufholen.
René Neuberger (CDU) Tesla hält an seiner Ankündigung fest, im nächsten Jahr bereits die ersten Autos in Grünheide vom Band rollen zu lassen. Entsprechend ist der schnelle Baufortschritt wenig überraschend. Wichtig für die Gemeinde Grünheide ist jedoch, dass auch wir in unseren Planungen und der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen in der Gemeinde schnell agieren und die Zeit nicht verschlafen. Hier wünschen wir uns eine engere Einbindung der Gemeindevertretung in die Gespräche mit dem Landkreis und dem Land. Denn nur mit vereinten Kräften lässt sich dieses Projekt ohne erhebliche Nachteile für unsere Anwohner stemmen.
Kathleen Muxel (AfD) Das Tempo, mit dem das Tesla-Vorhaben durchgepeitscht wird, lässt jegliche vernünftige Abwägung berührter Interessen aus dem Umwelt-, Natur-, Wasser- und Tierschutzes außen vor. Gestützt auf die zum Regelfall mutierte Ausnahmevorschrift des § 8 a des Bundesimmissionsschutzgesetzes werden vollendete Tatsachen geschaffen. Bürgerbeteiligung verkommt zur Farce und wird nur der Form halber durchgeführt; deren Nichtberücksichtigung steht vorher fest. Politik und Verwaltung ordnen sich dem Tempo des Investors unter – eine Schande für den deutschen Rechtsstaat, ein Albtraum für Mensch und Natur.
Olaf Große (fraktionslos) Es ist sehr beeindruckend mit welcher Geschwindigkeit und Dynamik auf der Tesla-Baustelle gearbeitet wird. Mich erstaunt, in welch kurzer Zeit die notwendigen Kapazitäten akquiriert werden konnten. So etwas habe ich noch nirgendwo anders so gesehen. Dies sollte ein Anreiz sein, um andere Vorhaben künftig zu beschleunigen. Eine regelmäßige Visite der Baustelle lohnt sich, um den rasanten Fortschritt beobachten zu können. Bei aller Euphorie sollten berechtigte Bedenken zur Errichtung der Fabrik geprüft und gegebenenfalls ausgeräumt werden. Eine zeitnahe Anpassung der Infrastruktur ist zudem unerlässlich.