Herr Möller, wie beurteilen Sie den Rausschmiss von Andreas Kalbitz aus der AfD?
Entschieden hat ein demokratisch gewähltes Gremium – der Bundesvorstand. Eine juristische Prüfung der Entscheidung steht nun an.
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Der Verfassungsschutz hat bestätigt, dass Kalbitz Mitglied eines verbotenen rechtsextremistischen Vereins war. Die AfD selbst hat beschlossen, dass dies mit einer Mitgliedschaft nicht vereinbar ist. Welchem Flügel der AfD – dem, der sich an Beschlüsse hält oder dem, der sie ignoriert – gehören Sie an?
Ich habe Zweifel, dass der Verfassungsschutz ein politisch neutrales Gremium ist. Als meine Partei mich als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission im Landtag aufgestellt hat, haben die anderen mich abgelehnt. Ich habe kein Vertrauen in diesen von CDU-Merkel-Günstlingen dominierten Verfassungsschutz. Denn als Bundespolizist und Führungskraft im Kanzleramt bin ich mehrfach sicherheitsmäßig überprüft worden.
Apropos Vertrauen. Der Mitgliedsantrag von Herrn Kalbitz soll sich nicht auffinden lassen. Wie finden Sie das?
Merkwürdig. Da werden noch andere Sachen zu Tage kommen.
Vor acht Wochen haben Sie die Bundesregierung wegen zu später Corona-Maßnahmen kritisiert. Nun fordern Sie schnelle Lockerungen. Wie kommt der Sinneswandel?
Damals habe ich nicht verstanden, dass die massenhaft aufgetretenen Virusfälle in China niemanden in der Bundesregierung interessierten. In Deutschland wurde weiter fröhlich Karneval gefeiert. Als Familienvater weiß ich: Jetzt brennt die Luft im Alltag. In den Schulen und Kitas herrscht Chaos. Eltern bekommen Zettel, wie sie den Unterricht machen sollen. Statt uns Vorgaben zu machen, hätte man rechtzeitig den Lehrern Vorgaben machen müssen, wie sie insbesondere die unteren Schulklassen beschulen und Online-Konzepte erstellen sollen. In Polen wird schon seit langem der Online-Unterricht vollzogen.
In vielen öffentlichen Bereichen beginnt der Prozess einer Normalisierung.
Die Verhältnismäßigkeit stimmt nicht. Es gibt in Frankfurt so gut wie keine Corona-Fälle. Trotzdem leben die Menschen durch die Einschränkungen am Anschlag. Wir erleben einen Totalschaden in der Wirtschaft und im Bildungsbereich. Daher muss wieder alles geöffnet werden – unter Beachtung der Abstandsregeln und Einhaltung der Hygienemaßnahmen.
Was schlagen Sie konkret vor?
Der Regelbetrieb an Schulen und in Kitas muss wiederhergestellt werden. Die Messehallen könnten für den Schulbetrieb genutzt werden, um die Abstände einzuhalten. Das letzte Schuljahr muss wiederholt werden. Wir brauchen jetzt Klarheit, ob es in diesem Jahr Einschulungsfeiern und eine Hort-Betreuung in den Ferien geben wird. Viel wird jetzt über eine Abwrackprämie für Autos diskutiert. Stattdessen sollte man ein IT-Innovations-Programm für Lehrer auflegen, um dem digitalen Unterricht einen Schub zu geben.
Wie bewerten Sie das Krisenmanagement in Frankfurt?
Frankfurt ist als kleine abgeschlossene Gemeinde bisher gut durch die Krise gekommen. Der OB arbeitet fleißig ab, was die Landesregierung vorgibt. Er sollte mehr Handlungsfreiheit vom Land einfordern, um auf rechtlicher Grundlage eigene Entscheidungen, die zu Frankfurt individuell passen, treffen zu können.
Was hält die Gesellschaft in dieser Krisenzeit zusammen?
Das Grundgesetz, die gemeinsame Sprache und unser Wertesystem. Obwohl der Staat schlecht auf die Herausforderungen zur Normalisierung des Alltagslebens reagiert.
Zwei Drittel der Deutschen sind für die Eindämmungen. Das spricht nicht für Ihre These, dass der Staat schlecht in der Krise reagiert.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat Bankkaufmann gelernt und nur studiert. Längere Zeit in der freien Wirtschaft gearbeitet oder eine Familie mit Kindern hat er nicht. Das bekommt der Bürger leidvoll zu spüren.