Das Foto machte auch die Runde. "Ich bin so gerührt, wenn ich das sehe. Kann jetzt mein Partner wirklich zurückkommen?", schrieb eine Bekannte per Whatsapp an Magdalena Korska-Stefanska. Es sei die erste gute Nachricht seit Langem für die ganze Grenzregion, sagt die Słubicerin, die sich freut, dass ihr Sohn wieder zur Schule gehen darf. Vor zwei Wochen hatte sie im Namen vieler Eltern der "Kinder Słubfurts", wie sich die Gruppe kurzerhand nannte, eine Petition nach Warschau geschickt und gefordert, den Schulweg nach Frankfurt freizumachen.
Am Montag war tagsüber wieder soviel Bewegung auf der Stadtbrücke wie seit Ende März nicht. Eine Frau mit Mann, Hund und Koffer kommt aus Richtung Słubice, auf dem Weg von ihrem zweiten ins erste Zuhause. "Zwei Wochen musste ich in Quarantäne in Polen bleiben. Wir waren eingesperrt!", ruft sie mit einem Blick als sei sie gerade nochmal davon gekommen. Kurz danach schreitet eine Gruppe Frauen mit großen Rollkoffern gen Frankfurt. Das Ziel? "Bielefeld", ruft eine. Es sind private Altenbetreuerinnen, die in Deutschland schmerzlich vermisst werden. Nach acht Wochen Pause fahren die Frauen erstmals wieder zur Arbeit, um Senioren in deutschen Privathaushalten zu betreuen. Wenn sie nach Polen zurückkehren, müssen sie jedoch weiterhin in Quarantäne, da sie in sozialen beziehungsweise medizinisch-pflegerischen Berufen tätig sind. Für sie gilt die Lockerung nicht.
Auf der anderen Straßenseite kehren zwei Bauarbeiter in ihre polnische Heimat zurück, sie brauchen nicht in Quarantäne. Aber der "kleine Grenzverkehr" ist nicht so großzügig wie noch vor dem 27. März. Eine polnische Frankfurterin, die zu ihrem Arzt in Słubice will, wird nicht hinüber gelassen. Genauso wenig wie die drei Jugendlichen, die Zigaretten kaufen wollten. Auch ein Vater wird abgewiesen, der Frau und Kind in Słubice etwas vorbeibringen möchte.
Erste Schülerinnen und Schüler vom Karl-Liebknecht-Gymnasium überquerten am Morgen die Brücke auf dem Weg zum Unterricht – und kehrten nachmittags zurück. Magdalena Korska-Stefanskas Sohn geht ab Mittwoch. Trotz Pendelmöglichkeit sind 46 von insgesamt rund 70 Gymnasiasten aus Polen am Sonntag ins Internat nach Frankfurt eingezogen. Nämlich all jene, die von weiter weg kommen – aus Posen, Westpommern, Gorzów. Eine Vereinbarung mit dem Land hat die Unterbringung möglich gemacht. Jene Polen aus dem Abiturjahrgang waren bereits am 26. April ins Frankfurter Internat umgezogen, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten.
Polen beginnt mit den Kitas
Normalerweise wohnen die nicht ortsansässigen Schüler im Internat des Słubicer Lyzeums, das jedes Jahr die Rekrutierung in Polen für die deutsch-polnischen Klassen am Karl-Liebknecht-Gymnasium vornimmt. "Unser Internat ist noch geschlossen, weil all unsere Schulen noch geschlossen sind", erklärt Maria Jaworska, Direktorin des Lyzeums. In Polen geht man den umgekehrten Weg als in Deutschland. Erst öffnen die Kindergärten in eingeschränktem Modus, die Schulen sind noch bis 24. Mai geschlossen.