Ihre Schwester hat im September letzten Jahres die Frankfurter Facebook-Gruppe "#FfoSteine" gegründet und so die Tradition der "painted rocks" (bemalte Steine) in die Oderstadt gebracht. In ganz Deutschland gibt es inzwischen ähnliche Facebook-Gruppen von "IsarStones" in München über "SteinReich Wetterau" in Hessen bis "Hamburg Rocks". Die Idee dahinter ist, irgendwo in der Stadt, der Natur, auf Spazierwegen einen bemalten Stein auszulegen, versehen mit dem Namen oder dem Logo der Gruppe. "Jemand anderes findet ihn zufällig, hebt ihn auf, vielleicht hatte er einen schlechten Tag, und freut sich dann über den schönen, bunten Fund", sagt Liebig.
Foto posten und neu auswildern
So zum Beispiel Bianca Hoffmann: "Heute hat mein knapp vierjähriger Sohn mit strahlenden Augen unseren ersten Stein gefunden. Die Idee fand ich super. Wir wurden prompt in die Gruppe aufgenommen und malen nun unsere ersten Steine zum ‚auswildern’ an", schreibt sie in "#FfoSteine". Im besten Fall folgt der Finder also der "Anweisung" auf der Rückseite des Steins, sucht die Facebook-Gruppe, postet darin ein Foto des Steines und wo er gefunden wurde, legt ihn an einer anderen Stelle neu aus und das Spiel geht von vorn los.
Die Gruppe "FfoSteine" hat nach vier Monaten schon fast 400 Mitglieder. Steffi Barsch schreibt darin, sie habe immer das aufregende Gefühl, "etwas Unerlaubtes zu tun, wenn ich einen Stein auslege. Und die Freude, wenn der eigene Stein gefunden und gepostet wird, ist einfach riesig." "Es ist ja ein Stück von sich, dass da wandert", sagt Liebig.
Von vielen Steinen erfahre man zwar erst mal nichts, schließlich hat nicht jeder Facebook. Manchmal tauche aber doch nach längerer Zeit noch ein Foto auf. "Ein Stein von Julien, als roter M&M bemalt, hat es sogar mal bis nach Teneriffa geschafft – der liegt jetzt auf 2 000 Metern Höhe", erzählt Liebig stolz. Andere Kunstwerke der Familie, die teilweise auf Reisen verteilt wurden, seien inzwischen in Norwegen, im Ruhrgebiet, in Dresden und in Cuxhaven.
Ins Leben gerufen wurde der Trend vor fünf Jahren von Megan Murphy in den USA, auf der Halbinsel Cape Cod, wo das "Kindness Rock Project" (Liebenswerte Steine-Projekt) entstand. In Deutschland verbreitete er sich wahrscheinlich von Norden ausgehend mit bemalten "Küstensteinen".
Kreativität und Gemeinschaft
Die Liebigs schätzen die Idee nicht nur wegen des kreativen, sondern auch wegen des gemeinschaftlichen Aspekts. "Wir malen oft mit der Familie, mit Freunden und anderen Kindern", sagt Liebig. Für ihre Mutter, Christina Graewer, ist die Stein-Malerei eine lieb gewonnene Freizeitbeschäftigungen mit Kindern und Enkeln geworden. Beim anschließenden Spaziergang bekomme man Bewegung und frische Luft – allemal besser als PlayStation spielen. Graewer habe "schon weit über hundert Steinchen bemalt und ausgewildert. In der Hoffnung, selbst mal einen zu finden, geht man dann auch mit viel offeneren Augen durch die Stadt", sagt sie.
Für das Steine bemalen gibt es in den Facebook-Gruppen klare Regeln: Es darf nichts aufgeklebt werden, das sich ablösen könnte, die Kiesel müssen mit umweltfreundlichem Klarlack versiegelt werden und es sollte natürlich etwas Nettes darauf gemalt oder geschrieben werden. Die Schwierigkeit beim Steine auswildern: der Trennungsschmerz. "Manchmal will ich Steine viel lieber behalten", sagt Julien – und so wird auch die Wohnung der Liebigs schon von vielen bunten Kieseln geschmückt.