Rechts erstreckt sich das sogenannte "Zirkuszelt", ein pavillonartiger 90er-Jahre-Bau mit vier Flügeln, verspiegelter Fassade, Glasdach und Gesims aus bunter Plastik, EU-finanziert, Baujahr 1995. Hier sitzen das polnische und das deutsche Zollamt, so wie es die Staaten Anfang der 90er Jahre einmal vereinbart hatten. "Beide unter einem Dach – eine Sensation", sagt ein polnischer Zolldeklarant, der wie rund 60 andere kleine Zollagenturen, darunter zehn deutsche, sein Büro in dem Haus hat und Papiere für die im Foyer wartenden Fahrer erledigt. Importe aus Drittländern nach Deutschland, Exporte polnischer Kunden in Drittländer. Viele Agenturen haben nicht mehr als eine Handvoll Mitarbeiter. Nicht alles kann über die elektronischen Zollsysteme abgewickelt werden. Deswegen profitieren Deklaranten, Fahrer und auch Ämter von der gegenseitigen Nähe, wenn auch die Arbeit seit 2004 weniger geworden ist, weil Durchfahrende nicht mehr in jedem EU-Land verzollen müssen.
Die historisch gewachsene Symbiose im Zirkuszelt wird ein Ende haben. Denn die Würfel für den neuen Standort des deutschen Zollamts sind gefallen. Im Frankfurter Hauptzollamt will man es zwar noch nicht bestätigen. Aber die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) teilt mit: "Die Neuunterbringung des Zollamtes im Gewerbegebiet ETTC Süd ist verbindlich entschieden." Der alte Vorstauplatz nahe der Abfahrt West war schon lange im Gespräch. Dort soll nun für rund 8,5 Millionen Euro ein neues Domizil gebaut werden. Ein Auftrag sei noch nicht erteilt. "Der Verbleib am bisherigen Standort stellte keine Option dar", so die Bima.
Baumängel und ausbleibende Sanierungen sind seit langem ein Ärgernis für Zollämter und Spediteure, die ihre Büros vom Landkreis Słubice mieten. Fenster ließen sich nicht öffnen, Heizung und Klimaanlage funktionierten lange kaum, so dass man im Winter mit Decke im Büro saß und im Sommer im Treibhaus schwitzte, berichten Mieter. Kürzlich wurden ein paar Reparaturen vorgenommen.
Am abgehalfterten Gesamtzustand des Terminals ändert das wenig – ein Spiegelbild des jahrelangen Streits zwischen dem polnischen Fiskus und Słubicer Kommunalpolitikern: Bürgermeister und Landräte buhlen seit Jahren um das Objekt. Seit 2012 verwaltet der Landkreis Słubice das Terminal und sollte es eigentlich auch erwerben. Es kam jedoch zu erbittertem Streit mit dem Fiskus um die Kosten für den Erhalt. 23 Millionen Złoty soll der Landkreis inzwischen dem Staat schulden, der Landkreis verlor das Kaufrecht, gerade beschlagnahmte der Gerichtsvollzieher 5 Millionen. "Wir wollten 500 Arbeitsplätze erhalten, eine Tankstelle und ein Hotel bauen, die Infrastruktur erneuern und die beiden Zollämter halten", sagt Pressesprecher Wojciech Obremski vom Landratsamt. Bis zu zwei Millionen Złoty jährlich Pachteinnahmen wären in die Landkreiskasse geflossen. Ganz ähnliche Vorhaben verkündete nun Bürgermeister Mariusz Olejniczak, als er sich Mitte Februar mit dem Wojewoden traf, um über einen möglichen Kauf des Terminals durch die Stadt zu beraten – laut Obremski ohne Absprache mit dem Landrat. Die Kleinunternehmer im Terminal sind das Hickhack leid, wollen Stabilität.
Dass der Umzug des Zollamts Frankfurt inzwischen beschlossene Sache ist, ist offenbar nach Słubice und Swiecko noch nicht durchgedrungen. Der Landkreis wolle dem deutschen Zollamt kommende Woche ein Angebot mit neuen Bedingungen unterbreiten, teilt Obremski mit. Der aktuelle Mietvertrag läuft bis November. Bei einer Versammlung der Mieter am 4. März soll es "um den laufenden Betrieb" gehen. Was aus den Agenturen wird, die auf die Nähe zum deutschen Zollamt angewiesen sind, ist fraglich. "Wenn der Zoll rübergeht, müssen auch die Spediteure mit. Aber ob die auch für uns bauen?", sagt Anneliese Balke von der Frankfurter Interessengemeinschaft der Zollspediteure. Die Speditionen sind klein, müssten aber wohl einem künftigen Investor am ETTC Süd vertragliche Garantien geben, sagt sie. Bald sollen Gespräche stattfinden. Polnische Spediteure, die bislang 1000 bis 1500 Złoty Miete zahlen, fürchten, abgehängt zu sein, sobald das deutsche Zollamt wegzieht.