Alles wird teurer, auch das Leben auf dem Lande. Corona spitzt die Situation weiter zu. Dazu die rasante technologische Entwicklung. Da stellt sich vielen Einheimischen die Frage. Werden die Dörfler endgültig abgehängt? Eine Antwort gibt das Förderprogramm Leader. Bislang sind 42 Millionen Euro in Projekte in Oberhavel geflossen, die im Rahmen des EU-Programms gefördert wurden. Mit anderen Worten, Geld der Mitgliedsstaaten floss unter anderem in Vorhaben und Ideen, die das Landleben und die Lust darauf in Oberhavel fördern helfen: Also Vorhaben wie das Café von Doreen Riensberg in Fürstenberg oder die Mühle Tornow. Auch Dr. Tim Lehmann vom Bahnhof Fürstenberg konnte für die Fassade seines Empfangs-Gebäudes Leader-Mittel einwerben. Nicht zu vergessen die heimatkundliche Sammlung der Stadt Fürstenberg.
Derlei Informationen erhält der Betrachter der Ausstellung, die am Donnerstag im Rathaus Fürstenberg eröffnet wurde. Im Beisein von Susanne Schäfer und Dr. Sabine Bauer von der Leader-Geschäftsstelle für den ländlichen Bereich in Oberhavel, begrüßt von Gastgeber, Bürgermeister Robert Philipp (parteilos). Philipp machte einleitend kein Hehl daraus: Der Bürger nehme die Europäische Union zumeist als bürokratisches Monstrum wahr. Doch vor allem Förderprogramme wie Leader bewiesen seit Jahren das Gegenteil. Dank eines Zauberwortes: Bottom up! Was auf Englisch nicht nur umgangssprachlich „Prost“ heißt. Dieser Begriff steht auch für „von Grund auf“, also von der Basis aus gedacht und entwickelt.
Aktionsgruppe repräsentiert die Gesellschaft
Das Erfolgsrezept von Leader sei „die Herangehensweise zur Verteilung der EU-Fördermittel“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Lokalen Aktionsgruppe Obere Havel (LAG), die Förderanträge prüft. „Denn die Menschen vor Ort entscheiden, für was und wo das Geld in ihrer Region verwendet werden soll“, lautet danach der Grundsatz. Und wie Susanne Schäfer und auch Bürgermeister Robert Philipp mit Nachdruck versichern: Die Auswahl der Vorhaben erfolge rein nach sachlichen Kriterien, es gebe keinen „politischen Lobbyismus“. Zu diesem Zweck hat sich 2007 die Lokale Aktionsgruppe Obere Havel als Verein gegründet, die sich aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Zivilgesellschaft von Oberhavel zusammensetzt. Die 20 Mitglieder sind Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung, von Vereinen und Verbänden, und entscheiden gemeinsam, welche der eingereichten Projektideen finanziell unterstützt werden sollen. Freilich verankern die Fördergeber Leitlinien und ist zu Beginn der Leader-Förderperiode vor sieben Jahren eine Richtschnur festgelegt worden: das regionale Entwicklungskonzept, das die Leader-Region zu Beginn der Förderperiode mit Unterstützung eines Fachbüros geschrieben hat.
Neue Kitas und modernisierte Schulen
In den vergangenen sieben Jahren wurden dank Leader exakt 41,5 Millionen Euro in die ländlichen Regionen des Landkreises Oberhavel investiert. Mit wichtigen Folgen für die Menschen vor Ort: 35 neue Arbeitsplätze konnten in der Region neu geschaffen werden, weitere 50 bestehende Arbeitsverhältnisse konnten durch Leader gesichert werden, rechnet die LAG vor. Das EU-Geld in Höhe von rund 13 Millionen Euro war der Startschuss: die Projektträger selbst – ob öffentliche oder private - haben mit 19,5 Millionen Euro den Löwenanteil zur Finanzierung ihrer Leader-Projekte beigetragen. Das Land Brandenburg hat mit weiteren neun Millionen Euro die EU-Fördermittel in Oberhavel kofinanziert.
Was die Ausstellung zeigt, kann sich tatsächlich sehen lassen: neue Kitas, modernisierte Schulen, Straßen, Dorfgemeinschaftshäuser wurden im ländlichen Oberhavel geschaffen. Wirtschaftliche Projekte zur Erweiterung von Lagerkapazitäten bei Handwerksbetrieben, der Einrichtung eines Bistros oder die Modernisierung einer Backstube sind Beispiele für wirtschaftliche Projekte. Die Bereicherung des kulturellen Lebens mit Ausstellungen, der Sanierung von Theaterbühnen und ähnlichem erhöhten die Lebensqualität für die Menschen in Oberhavel, heißt es in der Pressemitteilung.
Im ersten Quartal 2022 ist erstmal Schluss
Doch wie soll es nun weitergehen? Der finanzielle Gürtel wird bestimmt enger geschnallt in Zukunft. Sabine Bauer erklärt, es wird wieder einen Wettbewerb der Projekte geben, neue Workshops werden veranstaltet, eine Entwicklungsstrategie erarbeitet. Das Land wird genau hinschauen, wo künftig die Mittel aus Brüssel eingesetzt werden können. Und dann wird voraussichtlich 2023 die nächste Förderperiode gestartet. Philipp ergänzt: Die EU werde die Kriterien festlegen und politische Prämissen setzen: Themen wie die Angleichung der Lebensverhältnisse, Arbeit und Arbeitslosigkeit, Jugend und auch die Alten. Er würde sich dabei wünschen, dass auch die Bürokratie abgebaut wird, so dass etwa Förderanträge unkomplizierter auszufüllen sind. „Zum Beispiel sollten die Antragsvoraussetzungen erleichtert werden.“
Übrigens: So ganz vorbei ist die seit sieben Jahren laufende Förderperiode nicht. Im ersten Quartal wird es noch einen, dann den letzten Stichtag geben, bis zu dem zum Beispiel private Antragsteller Förderanträge einreichen können.
Woher kommt der Begriff Leader?
Leader ist die französische Abkürzung für „Liasions entre actions de développement de l’économie rurale“ und bedeutet ins Deutsche übersetzt: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der Wirtschaft im ländlichen Raum“.
Das Erfolgsrezept von Leader ist dabei die Herangehensweise zur Verteilung der EU-Fördermittel, denn die Menschen vor Ort entscheiden, für was und wo das Geld in ihrer Region verwendet werden soll.
Leader gilt auch als Maßnahmenprogramm der Europäischen Union, mit dem seit 1991 modellhaft innovative Aktionen im ländlichen Raum gefördert werden. Lokale Aktionsgruppen erarbeiten vor Ort Entwicklungskonzepte. Ziel ist es, die ländlichen Regionen Europas auf dem Weg zu einer eigenständigen Entwicklung zu unterstützen. Aufgrund des erfolgreich verlaufenden Einsatzes als so genannte Gemeinschaftsinitiative zwischen 1991 und 2005 ist der Leader-Ansatz seit 2006 als eigenständiger Schwerpunkt in die Mainstream-Förderung aufgenommen worden (Quelle Wikipedia).