Falls noch irgendwo Zweifel aufkommen sollten: An vergangenen Himmelfahrtswochenende wurden sie ausgeräumt. Die Sonne des Tourismus in Nordbrandenburg dürfte auch 2021 in Himmelpfort aufgehen. Ungeachtet der Pandemie-Misere und der Tatsache, dass der Star der touristischen Angebote in dem Dorf derzeit im Schlafmodus ist und sich für gewöhnlich erst im Advent zeigen wird, ob bärtig oder wieder maskiert. Am Wochenende konnten Vermieter und Gewerbetreibende auch ohne Weihnachtsmann die touristische Morgenröte bestaunen, die den Schluss nahelegt: Pfingsten bricht die Flut der Erholungs- und Freizeitspaß-Süchtigen über die Region herein. Elke Schmälzle, die Chefin vom Weihnachtshaus, redet nicht um den heißen Brei herum: „Das wird wie im vorigen Jahr, die vielen tausend Urlauber und Ausflügler werden mit einem Mal auch den Weihnachtsort heimsuchen.“ Die Gäste werden sich nach ihrer Überzeugung geradezu stapeln. Ein gewaltiger Arbeitsaufwand, schwant ihr. Das bestätigt Frank Schreckenbach, Chef des Campingparks am Stolpsee. „Wir sind schon am Himmelfahrtswochenende völlig ausgebucht gewesen, nix geht mehr“, erklärt er. Kein Wunder, fügt er hinzu: Mecklenburg halte noch alles dicht, auch die Camper werden quasi nach Brandenburg zurückgedrängt. Mit anderen Worten: „Von Null auf Hundert in ein paar Sekunden!“
Bier her, oder ich fall um!
Das fängt bei den für Tourismusprofis wie Schreckenbach banalsten Dingen an: Ein Fass Bier fehlt ihm, denn der Großhandel und die Zulieferer arbeiten auf Sparflamme. Kein Bölkstoff, nirgends. Schreckenbach stehen die Haare zu Berge, da muss er sich kümmern, immerhin hat er viele Gäste. Er schnappt sich sein Mobiltelefon. Elke Schmälzle hat die Zeit des Lockdowns nicht untätig mit Däumchen drehen verbracht. Sie hat investiert, eine neue Küche angeschafft. Sie werde garantieren, dass noch mehr Gäste gleichzeitig versorgt werden könnten.
Aber: Sie muss noch eingebaut werden. Trotz der vielen Mühen, die es also über Pfingsten geben wird: „Ich freue mich riesig auf das beinahe normale Leben, das nun beginnt“, die Entbehrungen für die Tourismusbranche und Gastronomie nicht erst seit Anfang November seien gigantisch gewesen. Ganz besonders freue sie sich auf die Sommerbühne, die in dieser Saison Mitte Juni beginnen wird. „Wir haben dieses Mal ganz besonders tolle Künstler zu Gast, wie man neudeutsch sagt: mit einem internationalen Line up.“
Lange Schlange am Eisstand
Irische Musik zum Beispiel bieten bekanntlich viele Veranstalter, „wir aber können mit Gästen von der grünen Insel aufwarten, die also richtig originale Kultur und Musik nach Himmelpfort bringen werden.“ Gebucht werden konnte auch ein australischer Musiker. Eine kleine Premiere überdies: Diesen Sommer werde man sowohl donnerstags als auch sonnabends Veranstaltungen anbieten. Weil es viele Leute gebe, die in der Woche arbeiten und dann erst am Wochenende in Himmelpfort dabei sein können. Wer sich näher für das Programm interessiert, dem legt Elke Schmälzle ein Blick auf die Homepage des Weihnachtshauses Himmelpfort ans Herz. Bereits an Himmelfahrt und den Tagen danach ist der Grill in Stellung gebracht worden, können die Leute einen Kaffee mitnehmen. Und dort, wo es die erste Schlange des Frühlings zu bestaunen gibt, wird leckeres Eis verkauft, gleich gegenüber in der Mönchs-Schänke.
Damit sich im und am Weihnachtshaus möglichst keine langen Schlangen bilden, hat Elke Schmälzle, eigentlich eine sparsame Schwäbin, den Kreis der fest Mitarbeitenden erweitert: Acht Angestellte und zehn bis zwölf freie Servicekräfte sorgen dafür, dass das Rad sich dreht. Dafür sorgt auch nach den Worten von Schmälzle die „sehr gute Kooperation mit der Gemeinde“, das könne sie nur immer wieder betonen. Und was soll im Advent werden? Na gut, eine Glaskugel hat auch die Chefin des Weihnachtshauses nicht, wohl selbst nicht der Rauschebart. „Aber wir sind zurzeit wild entschlossen, einen Weihnachtsmarkt zu organisieren“, stellt sie klar.
Mit dem Mumien-Ticket unterwegs
Wie aber empfinden die ersten Gäste des Weihnachtsortes in diesem Frühling die Situation? „Großes Aufatmen“ herrscht vor. Die beiden Berliner Ruheständler Burghard und Rita Gebauer zeigen sich angetan. Sie verfügen nach eigener Aussage über ein „Mumien-Ticket“, nutzen also den ÖPNV verbilligt. Aus dem Zug waren beide in Fürstenberg ausgestiegen und nun seien sie mit dem Fahrrad unterwegs. „Wir erkunden mögliche Routen für Fahrrad-Touren, die wir in größeren Gruppen anbieten wollen“, erklärt Burghard Gebauer. Himmelpfort gefalle ihnen auf Anhieb, aber sie wollten weiterradeln, durch die Tangersdorfer Heide nach Annenwalde. „Und selbstverständlich müssen wir der Kirche im Grünen in Alt-Placht einen Besuch abstatten.“
Nebenan auf dem Spielplatz unweit der Schleuse Himmelpfort haben sich zwei junge Familien aus Thüringen versammelt. Während die Kinder begeistert im Sandkasten buddeln, genießen die Eltern Klärchens Strahlen. Sie seien in Erfurt beheimatet, wohnten aber derzeit in Pian. Nur ein Kurzurlaub, aber wiederkommen, das wollen die Gäste aus dem Süden sehr gerne, versichern sie.
Bedeutendes Klosterdorf und Sehnsuchtsort für Kinder
Der Ortsteil Himmelpfort liegt etwa zehn Kilometer östlich von Fürstenberg entfernt. Zu ihm gehört auch die Ansiedlung Pian.
„Coeli portal“ – Pforte des Himmels – so soll schon im Jahre 1299 der Mönch Bruder Otto ausgerufen haben, als er von einer Anhöhe auf die wunderschöne Landschaft schaute. Zisterzienser-Mönche bauten hier ein Kloster. Das vorhandene Dorf Stolp erwarb der Abt Johann von Lehnin 1307 für dieses Kloster Himmelpfort. An den damaligen Dorfnamen erinnert heute noch der Name des Stolpsees.
Bereits 1925/26 wird Himmelpfort zum Luftkurort ernannt. Heute ist der Ort „Staatlich anerkannter Erholungsort“. Und seit 1984 gleichsam Zentrale für die Beantwortung von Wunschbriefen des Weihnachtsmanns, dank Post-Mitarbeiterin Konny Matzke.
Die Gemeinde investierte nach der Wende viel Geld in den Aufbau der Infrastruktur.