Welche Filmrolle von Manfred Krug fällt Ihnen spontan ein?
Detlef Krebs: "Spur der Steine". Obwohl ich den Film zu DDR-Zeiten noch gar nicht kannte. (Anm. d. Red.: Der Film war in der DDR verboten.) Manfred Krug hatte nach meiner Auffassung ja schon zu DDR-Zeiten einen kleinen Heldenstatus. Er war beliebt. Er war so ein cooler Hund. Er hatte ein gewisses Charisma, hat Persönlichkeit ausgestrahlt und sehr viel Selbstbewusstsein. Und er verkörperte eine gewisse Form von Provokation.
Das hat er auch in seinen Filmrollen dargestellt. Es gab DDR-Schauspieler, da sagte man: Oh Gott, das ist ja so ein richtiger SED-Slogan.  Das Gefühl, eine vom Staat gleichgeschaltete Rolle aufgesetzt zu bekommen, hatte man bei Manfred Krug nicht. Er hat seine Rollen immer anders interpretiert.
Wenn Sie von provokanter Ausstrahlung sprechen, womit verbinden Sie das?
Das muss schon in der Familie gelegen haben: Vater Stahlwerker, er selbst auch. Da kommt man mit Menschen zusammen, bei denen man nicht mit Schnickschnack und Schnörkel zurechtkommt, sondern mit klaren Worten.
Was verbinden Sie darüber hinaus mit Manfred Krug, wenn Sie auf sein Lebenswerk zurückschauen?
Manfred Krug hat mich in der Zeit geprägt, in der er sich 1976 gezwungen sah, die DDR verlassen zu müssen. Damals fand ich es total klasse, dass er sich öffentlich gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann ausgesprochen hat. Total fasziniert hat mich auch seine Wärme, die er im ersten Interview im Westen zeigte. Da hat er mit feuchten Augen gesagt, was er verlassen hat: Freunde, seine Umgebung, sein bisheriges Leben, in dem es ihm besser ging als anderen DDR-Bürgern. Ich habe den Eindruck, dass er sich davon nie erholt hat. Als ehemaliger DDR-Künstler musste er sich erst mal eine Position schaffen im Westen. Viele sind einfach untergegangen. Hat er gut hingekriegt! Da merkte man schon, dass er ein Mensch war, der in mehreren Welten zurechtkommt. Im Herzen blieb er bis zum Schluss derselbe.
Wie kam es dazu, dass Sie die für Manfred Krug gedachte Erinnerungstafel am Haus seiner Kindheit an Hennigsdorfs Marwitzer Straße entwerfen?
Ich habe mich mal mit Herrn Schaffranke (Chef der HWB, der die Häuser an der Marwitzer Straße gehören/Anm. d. Red.) in Zusammenhang mit dem geplanten Gedenkkonzert für Manfred Krug auf einen Kaffee getroffen. Während dieses Gesprächs habe ich spontan gesagt, dass ich ja schon einiges Künstlerisches für Hennigsdorf entworfen habe. Deshalb habe ich ihm angeboten, dass es eine coole Sache wäre, wenn ich ein paar Entwürfe für eine solche Gedenkplatte vorstellen würde.
Und wo genau soll die Gedenkplatte angebracht werden?
Als wir uns vor Ort getroffen haben, war klar: Gebäude und Torbogen haben ein totales Charisma. Wenn man auf das Tor zugeht, hat man den herrlich Bogen aus Kalkstein. Daran würde ich gern die Platte oberhalb des ersten Segments anbringen. Um den Bezug zum Stahlwerk hinzukriegen, denke ich unter anderem daran, Rosti-Stahl für die Platte zu nehmen. Eine andere Variante: direkt am Beginn des kleinen Tunnels eine größere Tafel anzubringen. Da könnte man mehr gestalten, mehr Text drauf unterbringen. Mir würde aber auch eine Bronzeplatte gefallen. Dann könnte man die so bearbeiten, dass das Gesicht von Krug dreidimensional herausgestellt wird. Und wenn man die Patina der Bronze an bestimmten Stellen entfernen würde, könnten die charakteristischen Gesichtszüge aus dieser Bronze herausgearbeitet werden.
Wie könnte die Tafel denn gestaltet sein?
Wenn ich Manfred Krug als Sänger vor Augen habe, sehe ich Bilder, wenn er ein Mikrofon hält. Ihm entglitten dann immer so die Gesichtszüge. Es gibt da Fotos, die klasse sind, wie er sich am Mikrofon festhält. Das waren noch so DDR-Klötzer, diese kleinen Bushaltestellen, die man damals in der Hand trug. Da sieht man seine Leidenschaft, wenn er den Jazz interpretiert. Das ist authentisch.
Auch über den Text muss man sich Gedanken machen.
Das Coolste wäre, wenn jemand ein knallhartes Zitat von Manfred Krug hätte. Eines, von dem man weiß: Das kann nur der gesagt haben! Ich glaube, darüber würde er sich auch freuen.
Wer wird die Tafel eigentlich bezahlen?
Ich habe unserer Riva-Geschäftsführerin das Projekt vorgestellt. Wir haben als Betrieb ja einen direkten Bezug dazu, weil Krugs Vater bei uns gearbeitet hat. Ich werde ihr einen Entwurf und eine Kostenplanung geben. Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen das Projekt unterstützt.
Viele kennen Sie als SPD-Mitglied, als Betriebsrat bei Riva. Aber Sie haben in Hennigsdorf auch schon künstlerische Spuren hinterlassen.
Da ist am Gymnasium die Tafel an der Stele für Hans Beimler. Die Linke war mit der Bitte auf mich zugekommen, die verschwundene Tafel zu ersetzen. Dann kam die Erinnerung an den 60. Jahrestag zum 17. Juni 1953, dem Arbeiteraufstand in der DDR.  Damals waren die Hennigsdorfer Stahlwerker mit federführend.  Da war für mich klar, hier einen Akzent zu setzen.  An der Ecke Berliner/Ruppiner Straße haben sich am 17. Juni die Demo-Züge getroffen. Da war mir gleich klar: Das ist der beste Ort für solch eine Erinnerung. Das hat mich richtig gefreut, dass ich das machen durfte.
Zurück zum Auftrag Krug. Wie viel Zeit ist Ihnen gegeben?
Mit Schweiß auf der Stirn müsste ich in den nächsten Tagen den Entwurf fertig haben. Der Guss der Tafel ist nicht das Problem. Schön wäre es, wenn mir jetzt jemand ein Zitat und die Textpassage liefern würde. Ich sehe immer das Gesamtbild. Aber ich bin nicht der Mensch, der gern textet.  Vielleicht überlege ich mir das auch mit dem Mikro-Foto nochmal und frage Manfred Krugs Witwe, wie sie ihren Manfred sieht. Ob sie ein Lieblingsfoto hat, ein Zitat. Und vielleicht würde auch ein Zitat aus seinem Buch passen, in dem er seine Hennigsdorfer Kindheit beschreibt.