Wann, wo und in welchem Rahmen ein solches Gespräch stattfinden wird, ließen die Stadtverordneten am Ende der gut 40-minütigen Einwohnerfragestunde allerdings offen. Zunächst hatten die Vertreter der Stadt Zehdenick eine Abwehrhaltung gegenüber den zahlreich erschienenen Bürger eingenommen, die ihren Unmut über die geplante Förderung von Erdgas zwischen Zehdenick und Templin wegen der unkalkulierbaren Umweltrisiken zum Ausdruck brachten. Die Stadt habe nichts beschlossen, sondern lediglich eine Stellungnahme gegenüber dem Landesbergamt abgegeben, sagte Stadtverordnetenvorsteher Hartmut Leib (SPD). „Wir haben keine Befugnis, hier mitzuentscheiden“, stellte er klar. Die Kommune sei, wie andere Träger öffentlicher Belange auch, lediglich um eine Stellungnahme im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur seisimischen Messung aufgefordert worden. Und das sei Sache der laufenden Verwaltung, also ein reiner „Verwaltungsakt“ gewesen. Die Aufforderung des Zehdenickers Walter Trambow, den Namen des Mitarbeiters preiszugeben, der das Schreiben an das Bergamt unterschrieben hat, verweigerte der Stadtverordnetenvorsteher mit Verweis auf den Datenschutz, was Empörung im Publikum auslöste.
Der Zehdenicker Einzelhändler Ralph Riesenberg, der sich als Mitglied der BI „Gegen Gasbohren“ vorstellte, widersprach einigen Aussagen der deutsch-niederländischen Firma Jasper Resources, was die von ihr angepriesenen Vorteile anbelangt. Die positiven Effekte seien bei Weitem nicht so groß, wie von Jasper behauptet. So dürfte es beispielsweise schwierig werden, 30 Arbeitsplätze zu schaffen, weil es in der Region überhaupt keine Fachkräfte mehr gebe. Auch das Argument der Firma, wonach die Erdgasförderung in Deutschland mit dazu beitrage, die Versorgung mit fossilen Brennstoffen sicherzustellen, sei angesichts der eher geringen Fördermengen eine Augenwischerei. Bei einer angepeilten 30-jährigen Förderung würde die erwartete Menge lediglich zwei Prozent des Jahresbedarfs in Deutschland decken. Ein so geringer Effekt rechtfertige auf keinen Fall den erheblichen Eingriff in die Natur: „Da werden Unmengen an Giften an die Oberfläche befördert“, behauptete Riesenberg. Seine Forderung an die Stadtverordneten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken, wies Leib mit dem Hinweis zurück, dass die Stadt nichts entschieden habe.
„Nichts zu machen, kann aber auch eine Entscheidung sein“, hielt ein Einwohner der Aussage entgegen. Schließlich setze die Region auf den Tourismus. Eine mit erheblichen Gefahren verbundene Erdgasförderung passe einfach nicht dazu, argumentierte ein anderer aus dem Publikum. „Haben die Abgerodneten denn überhaupt kein Rückgrat?“, wollte jemand wissen. „Wir lassen uns als Abgeordnete nicht unter Druck setzen“, erwiderte Leib. Zehdenicks amtierender Bürgermeister Dirk Wendland stellte klar, dass die Verwaltung mehrere Stellungnahmen an das Bergamt abgegeben haben. Darin habe die Stadt auch darauf hingewiesen, dass die Trinkwasserversorgung nicht gefährdet werden dürfe und Siedlungsgebiete bei der Erdgassuche ausgespart werden müssten. Den Vorschlag, alle Argumente noch mal in einem größeren Rahmen auszutauschen, machte schließlich der Abgeordnete Bernd Reinicke (Bürger für Zehdenick).
Projekt
Das Projekt befindet sich in einer Vorphase. Es sind noch mehrere Schritte notwendig, bevor über eine Erdgasförderung entschieden werden kann. Dazu gehören die Auswertung der gewonnen Seismikdaten, eine Erdungsbohrung und eine wirtschaftliche Bewertung sowie die Genehmigungen durch das Landesbergamt. (ris)