Künstlerische Begabung entdeckt
Wilhelm wurde als zweites von fünf Kindern der Eheleute Juliana und Johann Christian Gentz in Neuruppin in der Friedrich-Wilhelm-Straße 82/83 (Karl-Marx-Straße) geboren. Er wuchs mit dem ein Jahr älteren Bruder Hermann und dem vier Jahre jüngeren Bruder Alexander auf; bis heute gehört er zu den berühmtesten Persönlichkeiten in Neuruppin. Als Schöpfer des orientalischen, ehemals kronprinzlichen Gartens und des Gutes Gentzrode, war er für seine Heimatstadt als unbesoldeter Stadtrat tätig und beförderte vor allem junge Leute in ihrem Berufsleben. Zu Ostern 1829 wurde Wilhelm in die Bürgerschule für Knaben gegenüber dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Neuruppins Stadtmitte eingeschult. Hier wurden Begabte in der "Vorbereitungsschule" auf den Besuch des Gymnasiums vorbereitet. Als technische Lehrkraft erteilte Andreas Masch Zeichenunterricht. Für den Landrat Friedrich von Zieten zeichnete er Gegenstände dessen Sammlung "Vaterländischer Altertümer", die ab 1817 bereits dem Gymnasium übergeben worden war.
Die künstlerische Begabung des Schülers Wilhelm war ihm aufgefallen. Die Brüder Gentz streiften gern in der Natur umher, um "allerhand Naturgegenstände zu sammeln, so dass unser Zimmer bald einem Naturkabinett glich". Insekten und auf Pappe aufgezogene Fische hingen an den Wänden, ausgestopfte Vögel standen auf den Spinden, Steine und Muscheln wurden zum Studienobjekt. Folgerichtig bat Wilhelm die Eltern um gesonderten Zeichenunterricht in der hohen Schule. "Ich erhielt eine zufällig im Hause sich vorfindende Zeichenmappe, die so groß war, dass ich sie kaum umspannen konnte." Mit zehn Jahren wechselte er ins Gymnasium und hegte hier besonders für die Fächer Griechisch, Französisch, Zeichnen und Philosophie Interesse. In letzterem Fach behandelte der Direktor und Philologe, Dr. Friedrich Gottliebe Starke, die Werke des klassischen Altertums. Hier kam Gentz das erste Mal in Berührung mit dem bis heute gültigen Standardwerk "Geschichte der Kunst des Altertums" von Johann Joachim Winckelmann aus Stendal. Diese war so nachhaltig, dass sie sein lebenslanges Interesse für den Orient begründete.
Am 7. April 1843 bestand Gentz, "10 Jahre auf dem Gymnasium, zwei Jahre in der Prima", wie es in der Einladung zur öffentlichen Prüfung in Griechisch hieß, die Reifeprüfung. Gentz, der seiner Mutter gegenüber frühzeitig den Wunsch geäußert hatte, "nach Kairo zu gehen und die Pyramiden zu erforschen", sparte für diesen Traum. Ostern 1843 auf Berliner Universität in Philosophie eingeschrieben und in der Marienstraße 1 eingemietet, wechselte er wenige Tage später als Schüler auf die Königliche Akademie der Künste. Überraschend kam der Wechsel nicht, sein Vater befürwortete die Ausbildung im Atelier von Historienmaler August von Kloeber.
Wilhelm Gentz entschloss sich Anfang 1845 in Antwerpen und ab dem Herbst in Paris zu studieren. Aus der Antwerpener Zeit kann man heute im Museum Neuruppin das Bildnis "Frau mit weißer Haube" (Öl, 1845) bewundern, das als typisch für die belgische Malerschule gilt. Paris galt als der Ort "gründlicher Künstlerbildung". Bei den Historienmalern Charles-Gabriel Gleyre und später Thomas Coutoure, Orient-Reisende, erlernte Gentz alles, was nötig war, einschließlich des künstlerischen Vergleichs mit den "Großen" seines Faches: Eugen Delacroix, Paul Delaroche, Jean-León Gerôme, welche ebenfalls reisende Maler waren. Auch Gentz reiste: 1847 nach Marokko und in das südliche Spanien. Auf der Burg Al Hambra in Granada lernte er den studierenden Architekten Carl von Diebitsch kennen, der zehn Jahre später als Freund seines Bruders Alexander zunächst den kronprinzlichen Garten "orientalisierte" beziehungsweise den Kornspeicher auf dem Gut Gentzrode entwarf.
Im selben Jahr trafen die Brüder Gentz in Paris zusammen, als Alexander seine kaufmännische Bildung in einem Handelshaus vervollkommnete. Während der die französische Revolution vom Februar 1848 begrüßte und begeistert feierte, reiste Wilhelm nach Neuruppin zurück – seine militärische Musterung stand an. Dort er verblieb er fast ein Jahr, als "Demokrat" von den Stadtoberen kritisch beäugt. 1849 reiste der Kunsteleve wieder ab, um die Studien weiterzuführen. Im Jahr darauf setzte Gentz von Marseille aus nach Ägypten und Nubien (heute Ägypten) über. In den Jahren 1864/1865, 1868/1869 und 1873 folgten jeweils mehrmonatigen Aufenthalte, umfangreiche Studien und zahlreiche große Werke, ausgestellt vor allem auf den Berliner Kunstausstellungen und 1876 mit der Goldenden Medaille in Berlin und München gekrönt. Reisen nach Algier und Tripolis rundeten die Studien ab. Aus Algier brachte er sich einen Diener, den 18-jährigen, farbigen Mohammed, mit – das Brustbild befindet sich im Museum. Gentz’ Gemälde und Zeichnungen wurden so hoch geschätzt, dass man den Maler in die wissenschaftlichen Vereine zum Vortrag einlud, er mit dem Königlichen beziehungsweise ab 1871 dem Kaiserhaus in freundschaftlicher Verbindung stand.
Seine Verbindung nach Neuruppin blieb durch die, wenn auch nicht so häufigen Besuche bei seinem Bruder Alexander. In seinem Haus malte er sein Gästezimmer mit ägyptischen Motiven aus. 1916 wurde das derzeitige Gebrüder-Drescher-Haus auf Abriss vom Maurermeister Thörner gekauft, der auf Verlangen des Landrates Kaempfe die sieben kleinen Bilder aus der Wand löste. Sie waren gedacht für das seit 1911 im Tempelgarten aus dem Gymnasium überführte "Kreisheimatmuseum". Max Wiese, der Schöpfer des Fontane- und Schinkel-Denkmals begutachtete sie und gab die Hinweise für deren Sicherung. 1920 erwarb der Direktor der Landwirtschaftlichen Einkaufgenossenschaft Nottke die Bilder für sein Wohnhaus an der Neustädter Straße. Mit seinem Weggang 1925 wurden sie erneut ausgelöst. Diesmal entschloss sich der Kreis, Versäumtes kein zweites Mal zuzulassen, und "Fremdländische Gegend", "Sonnenuntergang am Nil", "Markt in einer Orientstadt", "Türkischer Basar", "Steingrab", "Flusslandschaft" und "Felseneinsamkeit" zogen in das Vestibül, wiederum durch Maurermeister Thörner realisiert: Am 21. Januar 1926 war das Werk zur Verschönerung des Kreishauses vollbracht und ist bis heute dort zu bewundern. Ein weiteres Werk von Gentz in Neuruppin, "Meerschaumgeborene Aphrodite", zierte bereits die Decke des kleinen Tempels im Tempelgarten.
Ungewolltes Erbe
Das Familiengut Gentzrode jedoch bildet kein erfolgreiches biographisches Kapitel. Vater Johann Christian hatte 1857 einen Erbvertrag mit seinen Söhnen geschlossen. Wilhelms Erbanteil war das Gut, in dessen beiden Hauptgebäuden Kornspeicher und Herrenhaus er an den Wänden die Familie mit Porträts und Sinnsprüchen verewigte. Als die Geschäfte Alexanders, insbesondere der Torfabbau einbrach und die Firma "J.C.Gentz" Konkurs erlitt, hätte das Gut gerettet werden können; es arbeitete wirtschaftlich und trug sich selbst.
Doch der Maler Gentz – der mittlerweile Mitglied, Senator und Professor der Preußischen Akademie der Künste, Kurator der Preußischen Ausstellung auf der Weltausstellung in Paris 1878, Juror der internationalen Wiener Kunstausstellung 1882, Träger des Roten Adler-Ordens 3. Klasse und des Königlichen Kronenordens 3. Klasse war – verweigerte dieses Erbes: "Ich scheue mich, nach Neuruppin zu kommen", und so blieb seinem Bruder nur der Verkauf. Die Berliner politische und Künstlerwelt zeigte sich betroffen. Der Maler Adolph Menzel absolvierte am 8. Juni 1880 im Hause Wilhelm Gentz "condolenz-visite", und der Maler Friedrich Werner, Freund Alexanders, fragte am 30. Dezember 1880 bei Alexander: "Was fangen Sie an? Hoffentlich steigt Ihr Bruder in die Bresche!" Und die Brüder entzweiten sich. Deren gebildete Ehefrauen waren allerdings auch früher nicht sehr gut mit einander ausgekommen. Einzig Fontane führte sie wieder zusammen, denn sechs Kapitel in der "Grafschaft Ruppin" sind dieser Familie gewidmet. Auch die Inschrift auf dem Familiengrab Gentz in Neuruppin wurde – entworfen von einem Verwandten Alexanders – 1888 lektoriert von Theodor Fontane. Sie lautete: "Ungunst und Wechsel der Zeiten zerstörten, was wir geschaffen. Die wir im Leben gekämpft, ruhen im Tode hier aus." Der Maler, der entscheidend das europäische Bild des Orients prägte, wurde auf dem Matthäi-Kirchhof in Berlin beigesetzt; 1965 wurde sein Grabmal abgerissen, in einer Zeit, als orientalische Reminiszenzen angesichts des Unabhängigkeitskampfes afrikanischer Völker nicht mehr angemessen erschienen. Bis 1989 schien der Schilderer orientalischen Kulturlebens vergessen. Das schönste, alle Zeiten überdauernde Denkmal setzte Fontane Gentz: "Er ist Kairo, Jerusalem, Konstantinopel, er ist Sklavenkarawane, Harem und Judenkirchhof … Der Orient ist seine Welt und der Turban nicht bloß das Kleid, das ihn kleidet, sondern auch das Zeichen, darin er siegt. Ernst, solide, gewissenhaft wieder der ganze Mann ist auch das, was er schafft… Er gehört zu den nicht vielen, an denen man sich ermutigen darf."
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