Die Aufarbeitung der Konflikte einer Gruppe Deutscher und Polen mit Tschetschenen in Rheinsberg geht weiter voran. Am Donnerstag besprach der Ortsbeirat Schritte, solche Konflikte in Zukunft zu vermeiden.
„Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommt“, sagt Ortsvorsteherin Petra Pape (BVB/Freie Wähler). Wie Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler) sagte, hat es im Nachgang der Vorfälle bereits zwei Treffen mit Vertretern der Polizei, der Kreisverwaltung und der Stadt gegeben. Wie berichtet, waren bei einem letzten Termin in der Remise in der vergangenen Woche vor allem Müll und Lärm als ein ständiger Konfliktherd genannt worden. Deshalb soll es noch einmal Informationsrunden zur Mülltrennung geben.
Zudem seien die Kompetenzen des Wachschutzes erweitert worden. Sollte aus Wohnungen zu viel Lärm dringen, sollen die Mitarbeiter darauf hinweisen. Damit seien schon erste Erfolge erzielt worden. „Wenn der Wachschutz klingelt und sagt, es ist zu laut, wird in der Regel reagiert“, so Schwochow.
Suche nach Ansprechpartnern
Zum besseren Austausch mit der Stadt soll zudem ein Migrationsbeirat gebildet werden. Wenn es Probleme gibt, sollen diese dort besprochen werden. „Die Tschetschenen wissen zum Teil nicht, an wen sie sich bei Problemen wenden können. Sie haben kein Verständnis für die Zuständigkeiten. Ich denke, das ist aber auch bei vielen Deutschen so. Wenn man fragt: ,Was macht ein Landrat?’ wird es bei vielen schon dünn“, so Schwochow.
Bis der Beirat gebildet ist, soll die tschetschenische Gemeinschaft vorläufig einen Mann und eine Frau als Ansprechpartner benennen, die bei Problemen vermitteln. „Der Ball liegt jetzt in der tschetschenischen Community“, so Schwochow. Offenbar blieb diese bisher vor allem unter sich. Der Rathaus-Chef hat herausgefunden, dass viele Angebote wie etwa das Haus der Begegnung gar nicht genutzt würden.
Tschetschenen nicht als Flüchtlinge anerkannt
Die SPD-Abgeordnete Sabine Heiden hat als weiteres Problemfeld ausgemacht, dass Tschetschenen nicht als Flüchtlinge anerkannt werden und nur geduldet sind. Mit diesem Status sei es sehr viel schwerer, an Jobs und Sprachkurse zu kommen. Die Kinder, die in der Schule Deutsch lernen, würden dann oft als Dolmetscher für die Eltern genutzt, wodurch sie weniger in Austausch mit einheimischen Kindern kämen. „Wer auf ein Bleiberecht wartet und keinen Anspruch auf Arbeit und einen Deutschkurs hat, kann keine Regeln für das gemeinsame Zusammenleben lernen“, so Heiden. Die Joblosigkeit führe auch zu Konflikten mit Angehörigen anderer Ethnien. So würden sich einige Migranten ärgern, dass sie für ihr Geld arbeiten, während die Tschetschenen ohne Arbeit einen ähnlichen Lebensstandard hätten.
Kritik an Unterdrückung
Das Ortsbeiratsmitglied Gabriele Schare-Ruf (FDP) sieht jedoch die Tschetschenen in einer Bringschuld. „Sie haben hier alles, was sie brauchen“, sagte sie. Zudem kritisierte die ehemalige Ärztin, dass Frauen in der tschetschenischen Kultur massiv unterdrückt werden. „Es kann nicht sein, dass Frauen nichts zu sagen haben in einer Familie, nie Deutsch lernen, weil sie ständig schwanger sind – und das bestimmt nicht immer freiwillig. Wer mit 25 Jahren das vierte Kind erwartet, hat kaum noch eine Chance auf Integration.“ Schare-Ruf forderte deshalb, dass die tschetschenische Gemeinschaft die hierzulande geltenden Regeln klar gemacht werden. Petra Pape stimmte zu, dass klare Grenzen gesetzt werden müssen.
Gestiegene Polizeipräsenz in der Siedlung
Die Stimmung in der Stadionsiedlung hat sich laut Schwochow seit der Massenschlägerei und dem Auflauf von bis zu 100 Tschetschenen inzwischen beruhigt. Dazu habe auch die gestiegene Polizeipräsenz beigetragen. Offenbar habe es aber auch Eindruck gemacht, dass mehrere große Pressekonferenzen direkt vor den Wohnblöcken abgehalten wurden. „Ich glaube, dadurch wurde klar, dass es ernst ist“, so Schwochow. Fest steht aber auch, dass die Polizei nicht über längere Zeit so präsent in dem Wohngebiet bleiben kann. Was die strafrechtliche Aufarbeitung der Fälle angeht, gibt es bisher keine neuen Erkenntnisse. Wegen der Massenschlägerei wird gegen sieben Deutsche und Polen ermittelt. Schwochow stellte aber klar, dass es wegen anderer Vorfälle auch Ermittlungen gegen Tschetschenen gibt. „Um es salomonisch zu sagen: Alle haben hier etwas auf dem Kerbholz.“