Der Blick nach unten, die Griffkralle einsatzbereit in der rechten, Müllsack in der linken Hand. So streift Lothar Hemmen in seiner orangefarbenen Warnweste neuerdings durch Bärenklau. Der 70-Jährige sucht Müll. Das Finden ist kein Problem.
Nach einer Stunde hat er etliche Papierschnipsel, Böllerreste, Bonbonpapiere, eine Blechdosen und vor allem Kippen, Kippen, Kippen gesammelt, plus passender leerer Zigarettenschachtel. Alles achtlos in der Natur entsorgt.
Gezielt eine Stunde unterwegs
„Seit Dezember bin ich als Aufheber in Bärenklau auf Müllrundgang“, sagt Lothar Hemmen. Die Inspiration dazu hat er sich aus Berlin geholt. Dort gibt es seit 2017 eine Gruppe, die sich „Die Aufheber“ nennt (siehe Hintergrund). „Diese Aktion haben wir im SPD-Ortsverein Schwante/Oberkrämer aufgegriffen“, sagt Hemmen. Allerdings weichen sie etwas ab. Die Berliner Idee ist, dass jedes Mitglied täglich drei Stücke Müll auf den Straßen, Plätzen und in den Grünanlagen der Stadt aufhebt und ordentlich entsorgt. Hemmen, seine Frau Anne und seine Ortsvereinskollegen gehen lieber eine Stunde am Stück gezielt auf Müllsuche.
Aktion für ganz Oberkrämer
Noch von seiner Hüft-Operation vor sieben Jahren hatte Hemmen eine Aufheberzwacke im Schrank, weil er sich damals schlecht bücken konnte und jede Socke am Boden unerreichbar ohne Zwacke blieb. Jetzt kommt sie ihm zunutze. „Das klappt wunderbar, damit Müll aufzuheben.“ Für seine Mitaufheber und solche, die es werden wollen, sind jetzt weitere Zwacken bestellt worden. Die Aktion soll sich in alle Ortsteile Oberkrämers verbreiten von Bötzow bis Vehlefanz. Nachahmer sind aber überall willkommen. Denn Dreck liegt überall. Was Lothar Hemmen besonders wurmt, ist das Verhalten der Raucher. „Mein besonderes Ärgernis sind die mehr als hundert gesammelten Kippen“, die nach einer Stunde zusammenkamen. „Es ist verblüffend, wie gedankenlos die Menschen sind.“
Die Aufheber
Die Aufheber ist eine Bürgerinitiative, die 2017 von Stephan von Orlow in Berlin gegründet wurde. Am Anfang stand ein einfaches Konzept: Täglich drei Stücke Müll aufsammeln.
Ursprünglich war es lediglich eine lokale Facebook-Gruppe in Berlin. Mittlerweile gibt es deutlich mehr als tausend Aufheber in ganz Deutschland. Die Aufheber sind inzwischen ein fester Bestandteil der weltweit wachsenden Cleanup-Bewegung und des Cleanup-Netzwerks.
Neben dem aktiven Einsammeln von Müll, geben die Aufheber Workshops an Schulen und engagieren sich in zahlreichen ökologischen Zusammenhängen.
Die Aufheber-Idee hat sich weiterentwickelt. Heute fordern sie zum Beispiel ein Pfandsystem für Zigaretten und deren Verpackungen.
Sie schlagen vor, 20 Cent Pfand pro Kippe, beziehungsweise vier Euro pro Packung zuzuschlagen. Zu jeder Zigarettenpackung wird ein Taschenaschenbecher ausgegeben. Wer die Packung samt vollem Taschenaschenbecher zurückbringt, erhält sein Geld wieder.