Als Kind hat sie mit ihrer Mama voller Begeisterung Arte-Dokumentation über ferne Länder und fremde Kulturen gesehen. Jetzt geht Johanna Freyburg selbst auf Weltreise – mit ihrem Freund Fabian Klotz. Sie, der extrovertierte Flummi, wie die 19-Jährige sagt, er, der ruhige, eher introvertierte Gegenpol. Der Trip starte im Dezember. Das Ziel: sieben Länder in neun Monaten.
Allein wäre es eher eine Reise geworden, zusammen ist es ein Abenteuer. Seit sie 13 Jahre alt ist, spart Johanna für ihren großen Traum. „Mit meinen Eltern war ich früher schon oft in Europa unterwegs“, sagt sie. In diesem Jahr haben sie und Fabian ihr Abitur an der Regine-Hildebrandt-Gesamtschule in Birkenwerder gemacht. Studium, Ausbildung, Traum-Job, erste Wohnung? Kommt für die beiden noch nicht infrage. Der Leistungsdruck der Gesellschaft muss warten. Sie wollen die Welt, andere Kulturen, Sprachen und auch sich selbst etwas besser kennenlernen.
Mit 14 Jahren allein in Peru
Johanna aus Hohen Neuendorf kennt einen Teil der Welt durch die Europareisen in ihrer Kindheit. Knossos-Ruinen in Griechenland, Ceviche in Lima oder stundenlanges Wandern durch die Straßen von Kopenhagen – sie hat alles aufgesogen. Die Kreuzfahrten haben sie begeistert. „An jedem Tag ist man an einem anderen Ort.“ Doch die Blitzlichter anderer Kulturen waren zu kurz. Sie wollte mehr. Der Reisedrang setzte sich in der Schule fort. In der neunten Klasse, sie war 14 Jahre alt, nahm sie an einem Schüleraustausch teil. „Ich bin zu meinen Eltern und sagte, ich bin mal für einen Monat in Peru.“
Durch den häufigen Spanisch-Ausfall am Runge-Gymnasium in Oranienburg, das sie bis zur 9. Klasse besuchte, seien ihre Kenntnisse der Sprache zwar eher bescheiden gewesen. Aber sie kam in eine herzliche Gastfamilie und ging auf eine deutsche Schule. Einen Monat blieb sie in Lima. 2020 war sie für drei Monate an der Sunshine Coast in Kawana (Australien). Geplant waren sechs Monate, doch die Corona-Pandemie funkte dazwischen. „Ohne meine Eltern wären beide Reisen nicht möglich gewesen“, sagt sie. „Ich weiß, dass das alles ein Privileg ist.“
Im Herbst 2020 legte sie sich eine Excel-Tabelle an und fing mit den Planungen zur Weltreise an, für die sie seit sieben Jahren Weihnachts-, Geburtstags- und Taschengeld zur Seite packt. Irgendwann war Fabian mit im Boot, arbeitete nach dem Abitur acht Stunden am Tag, sechs Tage die Woche, um Geld für das Abenteuer zusammenzubekommen. „Wir mussten uns eingestehen, dass wir nicht alle Länder bereisen können“, sagt Johanna mit Blick aufs Budget. Mit jedem neuen Excel-Eintrag (Flug- und Lebenshaltungskosten, Transport, Aktivitäten), wurde die Liste kleiner. „Das war frustrierend.“ Schweren Herzens musste Johanna, die in Australien das Surfen für sich entdeckt hatte, schließlich auch Hawaii streichen.
Am Ende blieben folgende Länder: Mexiko, Panama, Ecuador, Peru, Thailand, Malaysia und Indonesien. Die Flüge sind alle gebucht. In den Ländern selbst werden sie arbeiten für Logis und etwas Kost. Über Online-Plattformen haben sie Hostels und Privatpersonen gefunden, die das anbieten. In Panama werden sie beispielsweise für ein Hostel kochen und backen. „Fabi kann kochen, ich backe gerne.“ Da sie für Übernachtung und etwas Verpflegung arbeiten – und somit kein Geld ausgezahlt bekommen –, brauchen sie keine Arbeitserlaubnis.
Anfangs war übrigens gar keine gemeinsame Reise geplant. Die beiden kennen sich erst seit etwas über ein Jahr richtig gut. „Work and travel hat mich schon interessiert“, sagt Fabian aus Schildow. „Ich wollte nach Kanada.“ Je mehr die Pläne seiner Freundin reiften, desto überzeugter waren beide: Das müssen sie gemeinsam erleben. „Der Gedanke, allein zu reisen, hat mir immer weniger gefallen“, gibt Johanna zu. Gerade weil mitunter Übernachtungen in „dorm rooms“, also Schlafsälen, anstehen könnten. Mit Heimweh komme sie klar, doch die Mischung aus Heimweh und den Freund vermissen – die Vorstellung behagte ihr nicht.
Weihnachten und Silvester in Mexiko
Anfang Dezember beginnt das Abenteuer. Erst einmal für Johanna allein. „Ein bisschen Angst habe ich schon.“ Sie fliegt nach Mexiko. Der Start soll entspannt sein: Spanisch lernen, aufs Surfboard schwingen. Einen Monat ist sie auf sich gestellt. Es wird das erste Weihnachten ohne Familie, das erste Silvester ohne Freunde und es wird ein 20. Geburtstag am 14. Januar in einem fernen Land sein. „Es wird komisch.“ Doch sie freut sich. Nach ihrem Geburtstag fliegt sie nach Panama, wo sie dann Fabian trifft, der nachreist. „Dann beginnt unser gemeinsames Abenteuer.“ Sie hat einen Monat Zeit, sich auf Fabians kühlen Kopf und ruhigen Herzschlag zu freuen.
Johanna hofft, auf der Reise auch mehr über sich zu erfahren. Fabian will im Anschluss Informatik studieren. Seine zielstrebige Freundin hat zahlreiche Ideen. Bisher kristallisierte sich kein Favorit heraus. „Auf der Weltreise kann ich sicher Gedanken und Ideen sortieren“, hofft sie. Mit einem Instagram-Account will sie Familie, Freunde und Interessierte auf dem Laufenden halten.
Die Schwierigkeit aktuell: Die Erwartungshaltung nicht zu hochzuschrauben, um Enttäuschungen vorzubeugen. Für den hibbeligen Kopfmenschen Johanna nicht so einfach, für den zurückhaltenden Fabian zumindest nach Außen hin scheinbar machbar. Je näher die Reise rückt, desto größer die Aufregung. Doch es ist die richtige Entscheidung. Für Johanna steht seit Jahren fest: „Ich will mal weg, lange und sehr, sehr weit weg.“ Der Traum, den sie seit sieben Jahren mit sich rumträgt, wird nun wahr.