Die Schlacht auf den Seelower Höhen ist die größte auf deutschem Boden – mit mehr als 100 000 Gefallenen verschiedener Länder, mit großen Opfern in der Zivilbevölkerung und der Zerstörung der einzigartigen Kulturlandschaft des Oderbruchs. 75 Jahre danach wurde am Donnerstag nun im Seelower Oberstufenzentrum (OSZ) die Wanderausstellung "Different Wars" eröffnet. Sie zeigt die Unterschiede in der Wahrnehmung des Zweiten Weltkrieges in Schulbüchern aus Deutschland, Italien, Litauen, Tschechien, Polen und Russland.
Bewusste Standortwahl
Bevor die Schüler der HGO-I (Helfer im Gartenbau) sich die zwölf Schautafeln zu unterschiedlicher Darstellung des Krieges – die Hälfte davon zeigen den Blick in die Länder, der Rest handelt um übergreifende Themen wie Holocaust, Erinnerung und Konsequenzen – genauer ansehen konnten, mussten die Jugendlichen erst mal viel Sitzfleisch beweisen. Sie hatten jüngst auch die Gedenkstätte besucht.
Schließlich war die Ausstellung nicht von ihnen geschaffen worden, sondern gastiert jetzt als Wanderausstellung des EU-Russland-Zivilgesellschaftsforum (mit der Gedenkstätte Seelower Höhen) und dem dort angesiedelten Zeitreise-Verein im Haus. Bewusst hatte man die Schau nicht an der Gedenkstätte eröffnet, sondern im Oberstufenzentrum. Durch die Nähe der anderen Schulen erhofft man sich viele Besucher der jüngeren Generation, so Geschichtspädagogin Kerstin Wachsmann. Wie grausam die Schlacht um die Seelower Höhen war, wurde anhand von Filmsequenzen und eingeblendeten Fakten zu Beginn gezeigt. Danach zitierten etliche Schüler ihre Gedanken zum Krieg, aber auch, was sie beim Besuch der Gedenkstätte beeindruckt hatte. Der große Panzer und die Grabsteine waren für viele Mahnung. "Wir sind froh, im Frieden leben zu dürfen."
Wie unterschiedlich die Darstellung des Krieges die Historiker bewerten, es aber auch viele Schicksale einfacher Menschen traf, darauf wies Landrat Gernot Schmidt (SPD) hin. Man müsse mit allen Mitteln der Demokratie unbedingt vermeiden, wieder Krieg zu führen. Dr. Anke Giesen von der EU-Russland-Zivilgesellschaftsforum merkte an, dass man bei der aus vielen Ländern bestehenden Arbeitsgemeinschaft "Erinnerung und Bildung" schnell gemerkt habe, wie unterschiedlich der Krieg in Europa aufgearbeitet werde.
Gerade in Schulbüchern – die als objektiv und vertrauenswürdig gelten – gebe es große Unterschiede in der Wahrnehmung. "Die Länder setzen andere Schwerpunkte, das ist schon sehr interessant." So sei für Polen der 23. August der Kriegsanfang, für Deutschland der 1. September 1939 und in Russland gar erst 1941. Die Ausstellung wolle diese Unterschiede deutlich machen. In Russland herrsche in den Schulbüchern noch immer der Eindruck des heroischen Standhaltens, des Stolzes, gesiegt zu haben, vor. Deutschland sei wegen der Vernichtung großer Bevölkerungsmassen mit Scham und Schrecken geprägt. Und das Kriegsende spiele kaum eine Rolle, geschweige denn Seelow.
Dass Schulbücher immer ihrer Zeit hinterher seien, machte auch die Lehrerin und Kreistagsabgeordnete Simona Koß (SPD) in der Podiumsdiskussion deutlich. Das Politik allerdings keinen Einfluss nehmen sollte auf die Inhalte, stellte Simone Schubert (Linke) in Vertretung für Bettina Fortunato klar. Tobias Voigt vom Verein Zeitreise Seelower Höhen berichtete, dass Jugendliche meist mehr lernen, wenn sie sich die Gedenkstätte anschauen, statt nur die Schulbücher.
Sonderstunde in Geschichte
Woher die Jugend ihre Infos zum Krieg noch bekommen, wurde der Nachwuchs gefragt. Antwort: Durchs Internet, Youtube-Filme, Ballerspiele am PC. Kaum werde in Familien darüber gesprochen. Wie die Gedenkstätte gegründet wurde, wo Soldaten bestattet sind und selbst den englischen Brexit erklärten auf Nachfrage die Erwachsenen. Die Jugendliche bekamen eine Sonderstunde in Geschichte. Klar war schnell auch den Lehrern, dass Schulbücher nur Basis sein können und man das Thema anschaulich rüberbringen müsse, möglichst durch neue Medien und Besuche historischer Stätten. Die Schüler um Dörte Grasmay jedenfalls werden auch noch das Schlachtfeld besichtigen. Die Ausstellung fanden alle sehr interessant. Im OSZ gastiert ""Different Wars" noch bis zum 27. September – offen für jedermann.