Existenzproblem für Oderbruch
Über den Umgang mit Bisam und Nutria in den Niederlanden sowie in Niedersachsen klärten die beiden Fachleute Henk van der Steen und Dierk Gunkel bei einem vom Forum Natur organisierten Treffen von Vertretern der Landnutzer-, Jagd- und Wasserverbände auf. Henk van der Steen, der seit Jahren eng mit dem Deichverband, insbesondere mit der Biberauftragten Antje Reetz und dem Bisamfänger Enrico Mielke zusammenarbeitet, machte deutlich, dass das Oderbruch ähnlich wie die Niederlande existentiell von der Sicherheit des Deiches abhängt. Auf Grund dieser Abhängigkeit messe man im nordwestlichen Nachbarland Deutschlands der Bisam- und Nutriabekämpfung so eine große Bedeutung bei. Bereits 2002 haben die dortigen Wasserverbände beschlossen, den Nutriabestand auf Null zu setzen. Erst vor wenigen Wochen wurde das auch für Bisam vereinbart. Dies erfolge jedoch nicht durch ehrenamtliche Jäger, wie es in Brandenburg mit der neuen Verordnung versucht wird, sondern mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand. "Sonst würden wir doch einfach absaufen", machte van der Steen deutlich. Rund 35 Millionen Euro setzt der Staat dort für die Bekämpfung ein. Die 420 Bisam- und 21 Nutria-Fänger sind verbeamtet. Sie müssen so auch nicht fürchten, nach einer Ausrottung der Schädlinge ihren Job zu verlieren. Zumal es an der Grenze zu Deutschland einen Expansionsdruck von Nutrias gibt. "Deshalb würden wir uns über eine grenzüberschreitende Bekämpfung freuen", so der Fachmann. Recht anschaulich zeigte er den Verbandspräsidenten, wie Bisam den Deich durchbohren.
In einer umfangreichen Studie wurde nachgewiesen, wie rasant sich Bisam ausbreiten. So wurde in einem 25 Quadratkilometer großen Untersuchungsfeld der Fang eingestellt. Von April 2014 bis März 2017 wuchs die Zahl der Bisam dort von 40 auf 896. Der Schaden war enorm. In den Niederlanden haben sich die Verbände auf ein Solidarprinzip bei der Bisam- und Nutria-Bekämpfung geeinigt, so dass die am meisten befallenen Gebiete an der deutschen Grenze ebenso viel zahlen wie in den östlichen Provinzen. Grundsätze des Fangs in den Niederlanden seien, dass die Fänger überall Zugang haben müssen, dass der Fang flächendeckend erfolgen muss und dass er eine gesetzliche Aufgabe der Gewässerunterhaltung sein muss.
Lösung auf zwei Wegen
In Niedersachsen haben sich die Nutria zum massiven Problem entwickelt, seit sie 2001 ins Jagdrecht kamen, informierte Dierk Gunkel. Der Bisamfänger der Landwirtschaftskammer Niedersachsen bildet auch die neun Bisamfänger Brandenburgs aus. In Niedersachsen gibt es beim Bisamfang sechs staatliche Fänger und 850 Privatpersonen, die auf Prämienbasis die Schädlinge fangen. In Brandenburg, wo seit Erlass der Jagdverordnung der Bisamfang ruht, wollen die Vertreter der Jagdverbände, des Landeswasserverbandes und des Bauernverbandes sowie der am meisten betroffene Kreis Märkisch-Oderland zunächst dafür sorgen, dass es keine lange Unterbrechung des Fangs gibt.
"Wir haben keine Zeit!", machte Forum-Natur-Geschäftsführer Gregor Beyer deutlich. Die Vermehrungsrate der Bisam hatten die Experten genannt. Die Jagdverbände wollen dem Deichverband helfen. Zunächst aber müssten dafür rasch Voraussetzungen geschaffen werden wie der Wegfall des Muttertierschutzes und die Strafbefreiung bei Fallen-Beifang wie Biber und Otter. Zudem wollen die Verbände eine Änderung der Verordnung erreichen.