Umriss ist nachgestaltet
Die Gründe seien vielfältig, Schuldzuweisungen nicht angebracht, sagt Hermann Kaiser. Am 28. März sollte er im Kostrzyner Festungsmuseum einen Vortrag zum Klessiner Ausstellungsprojekt halten. "Die Kostrzyner sind unsere Partner in dem von der EU geförderten Vorhaben", erklärt der Wuhdener, der die Geschichte seiner Heimatorte Reitwein und Wuhden-Klessin seit Jahrzehnten erforscht und dokumentiert. Corona ließ die Veranstaltung in Polen ausfallen.
Auf dem künftigen Ausstellungsgelände in Klessin sind die Mitglieder des Wuhdener Heimatvereins und viele befreundete Helfer derweil bei der Gestaltung der Umrisse des einstigen Schlosses ein großes Stück voran gekommen: Gabionen, gefüllt mit dem aus dem Schlosskeller und vom Gelände geborgenen Bauschutt, markieren die Wände. Dahinter erstreckt sich ein Trümmermeer. Das sieben Meter hohe Schlossportal steht als Nachbildung in Pappe – noch. Es soll im Zuge des Ausstellungs-Projektes aus Cortenstahl errichtet werden. Das Vorhaben ist Teil des von der Podelziger Architektin Eike Schwarzbach erarbeiteten Bauantrages, den der Wuhdener Heimatverein eingereicht hat.
"Vor 75 Jahren, am 6. April 1945, stand das Portal noch, während ringsum alles in Schutt und Asche lag. Das beweisen Luftbilder von dem Tag", sagt Reinhard Tietz, der Co-Vorsitzende des Heimatvereins. Die letzten etwa 70 deutschen Soldaten hatten sich am frühen Morgen des 23. März 1945 aufgemacht, aus dem kleinen Klessiner Kessel auszubrechen. Durch drei sowjetische Kampflinien erreichten noch etwa 40 von ihnen die deutsche Hauptkampflinie in Höhe des heutigen Gutes.
"In Klessin fanden die längsten Kämpfe des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden statt", erinnert Hermann Kaiser. Wer die Parole "fällt Klessin, fällt Berlin" damals ausgegeben hat, ist nicht belegt. Nur, dass die gegen eine enorme Übermacht der Angreifer kämpfenden kaum 300 deutschen Soldaten und Volkssturmleute damit aus einem "Volksempfänger"-Radio motiviert werden sollten.
Der strategisch bedeutsame Punkt auf einer Art Kanzel über dem Oderbruch war seit Anfang März von der Roten Armee in die Zange genommen, am 10. März erstmals voll eingeschlossen worden. Die Verteidiger konnten nur schlecht mit "Verpflegungsbomben" aus der Luft versorgt werden, während der Nachschub für die Angreifer über zehn Brücken rollte, die zwischen Lebus und Küstrin über die Oder geschlagen worden waren. Ein Augenzeuge berichtet, dass ein deutscher Panzer durchs Schlossportal und den Flur fuhr und durchs hintere Fenster die Brücken beschoss.
"Wir wollen einfach, dass dieser Wahnsinn nicht vergessen wird", sagt Hermann Kaiser (70). Die freiwilligen Helfer haben schon mehr als 10 000 Stunden Arbeit in die Vorbereitung der Freiluft-Ausstellung gesteckt, deren Eröffnung nun fürs kommende Jahr anvisiert ist.