Am 26. Mai wird ein neuer Kreistag für Märkisch-Oderland gewählt.stellte allen Fraktionen Fragen zur Bilanz der zurückliegenden Legislaturperiode. Heute: Burkhard Paetzold, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen-Pro Zukunft.
Herr Paetzold,was waren die wichtigsten Entscheidungen des Kreistages?
Es ist viel – vor allem in Baumaßnahmen – investiert worden. Aber wesentliche Antworten, auf die Fragen, wie der Landkreis sozial, ökologisch und kulturell zukunftsfähig gemacht werden kann, ist der Kreistag in dieser Wahlperiode schuldig geblieben.
Welche Entscheidungen hat Ihre Fraktion auf den Weg gebracht?
Erneuerung kann nur gelingen, wo man sich von inhaltlichen Fragen und breiter Beteiligung leiten lässt. Das gilt sowohl bei der Nahverkehrsplanung, wo wir uns dafür stark gemacht haben, als auch bei Kultur und Bildung. Die Verwaltung wollte Anfang 2014 das Museum Altranft schließen. Es gab dann aber doch eine Mehrheit für unseren Antrag, einen Ausschuss zur Zukunftsgestaltung des Museums einzurichten. Unsere Idee war, alle für seinen Erhalt wichtigen Vorschläge zu bündeln und Kompetenz aus den Bereichen Kultur, Tourismus, Kommunalpolitik und Museumswesen einzubeziehen. Daraus entstand eine vorwärts weisende Debatte. Mit dem neuen Träger hat sich das Museum als Werkstatt für ländliche Kultur quasi neu erfunden. Gerade bei Kultur und Bildung kommt es auf eine regionale Verankerung, und die breite Einbeziehung von Akteuren, Betroffenen und Fachleuten in einen Konsultationsprozess an. Deshalb hatten wir Ähnliches für die Kreismusikschule vorgeschlagen. Denn das angestrebte Verfahren der Ausgliederung, verbunden mit einem Zwang auf Kosten der Lehrerschaft zu sparen, hat zu viel Verunsicherung unter der Eltern- und Lehrerschaft geführt. Auch hier haben wir einen zeitweiligen Ausschuss vorgeschlagen, dessen Vorschläge allerdings von der Verwaltungsspitze und einer Mehrheit im Kreistag nicht mitgetragen wurden.
Was wurde aus Ihrer Sicht nicht erreicht?
In der vorangegangenen Wahlperiode hatten wir ein Energie- und Klimakonzept initiiert. Daraus sind Projekte vor allem auch im Energiebüro MOL entstanden. Nach dem Ende der Förderung des Energiebüros wurde am Thema im Kreistag nicht mehr wie erforderlich weitergearbeitet. Mit Vertretern der Willkommenskreise haben wir den Umgang mit Geflüchteten und Asylbewerbern dort kritisiert, wo die Verwaltungsspitze kurzsichtig ihrem Kontrollzwang den Vorrang vor Integration gibt. Unser Vorschlag zur Einrichtung eines Integrationsbeirates wurde abgelehnt. Die gute Arbeit des Kreis-, Kinder- und Jugendrings zur Vernetzung der Willkommenskreise kommt an Grenzen, wo Verwaltung die engagierten Initiativen nicht ernst nimmt. Märkisch-Oderland ist der einzige Kreis, in dem Geflüchtete ihre Gesundheitskarte erst nach 15 Monaten erhalten. Das zeugt von Misstrauen gegenüber Geflüchteten und Ärzten. Das macht es allen unnötig schwer. Außerdem wurde im Landkreis Gemeinschaftsunterkünften, die Integration verhindern, der Vorzug vor dezentraler Unterbringung eingeräumt. Und ein weiteres Hindernis für die nur wenig mobile Gruppe: Die Ausländerbehörde ist in den Wald nach Diedersdorf gezogen,
Wie schätzen Sie das politische Klima im Kreistag ein?
Während in früheren Wahlperioden der Kreistag wenigstens teilweise zu eigenständigem Handeln ermutigt wurde, waren einige Fraktionen im Kreistag immer wieder von den Vorstellungen des Landrates und seiner Verwaltungsspitze dominiert. Da wundert es nicht, wenn sich ein seltsames Demokratieverständnis breit macht, wenn zum Beispiel der Migrationsbeauftragte gleichzeitig als persönlicher Referent des Landrates und Pressesprecher eingesetzt wird. Es gibt eine Reihe von Konfliktfeldern, wie im Bereich der Landwirtschaft und des Naturschutzes, bei denen es sich der Kreistag leisten könnte, selbstbewusst einen Prozess zu moderieren anstatt in Lobbyarbeit zu verfallen, wie sie den Landrat manchmal umtreibt. Ich würde mir das für den neuen Kreistag wünschen.
Ist im Bereich der Bildung genug getan und angesichts überfüllter Gymnasien im randberliner Bereich die Weichen rechtzeitig genug gestellt worden?
Die Planung eines neuen Gymnasiums im berlinnahen Raum steht wegen der wachsenden Schülerzahlen unter hohem Druck. Es scheint symptomatisch, dass ein solcher – auch durch langes Zögern mit verursachter – Druck reflexhaft nach Zentralisierung schielt, womit der Blick auf Strausberg fällt und die S5 Gemeinden kein Gehör finden.
Wie steht die Fraktion zum Bestreben der Verwaltung, die Verantwortung für immer mehr Kultureinrichtungen zu übertragen oder abzugeben. Das Freilichtmuseum Altranft, Schloss Bad Freienwalde oder jüngst die Übertragung der inhaltlichen Arbeit der Gedenkstätte Seelow sind Beispiele.
Wenn Kultur vor allem verwaltet wird, diskutiert der Kreistag natürlich fast ausschließlich die Finanzierung. Wir denken eher an eine kulturpolitische Debatte, und an die Initiativen, denen es gelingt, die regionale Verbundenheit zu fördern. Von oben nach unten wächst gar nichts. Wir hatten bereits 2014 eine Kulturkonferenz vorgeschlagen, in der das zum Ausdruck kommen könnte.
Ist durch den Kreistag und die Verwaltung genug für einen flächendeckenden Breitbandausbau getan worden?
Die Verwaltung hat sich hierfür um Fördermittel bemüht und der Kreistag hat Eigenmittel beschlossen. Mittlerweile ist auch die Vergabe des geplanten Breitbandausbaus beschlossen. Das alles kommt spät und es hat einige Lücken, aber es kommt.
Treten Sie für den neuen Kreistag wieder an? Wie viele Sitze sind das Ziel Ihrer Fraktion?
Ich bin froh darüber, dass wir gegenüber früheren Kommunalwahlen ein Vielfaches an engagierten und kompetenten Kandidaten in vielen Gemeinden und im Kreis haben. Das lässt mich hoffen, dass wir die Zahl unserer Sitze erhöhen können und deshalb stelle auch ich mich gerne wieder selbst zur Wahl.