Wie ist das eigentlich, wenn ein Freund ein unvorteilhaftes Bild von mir posten will? Oder wenn gar die eigenen Eltern im Überschwang ein Foto von mir in einem selbst als peinlich empfundenen Faschingskostüm online gestellt haben? Es sind Alltagsbegebenheiten aus dem digitalen Zeitalter wie diese, die bei "Free Hip" auf den Karten eine Rolle spielen. Die Schüler der 6b an der Rüdersdorfer Grund- und Gesamtschule würfeln abwechselnd in den Zweierteams, rücken ihre Spielfiguren vor. Blaues Feld bedeutet eine Frage, Grün ein Rollenspiel. Und schon die Sechstklässler formulieren sehr genau, was sie in der speziellen Situation aus ihrer Sicht für richtig halten würden.
Manchmal ist aber der erste Impuls nicht die beste Lösung, zeigt der Blick zu den betreffenden Punkten in der Spielbeschreibung. Dort findet sich zudem manch extra Fakt. Beispielsweise die Nummern der "Nummer gegen Kummer" (11611) oder der beiden, der rund um die Uhr besetzten Telefonseelsorge (0800 1110111 bzw. 0800 1110222), die man bei Mobbingproblemen und dergleichen anrufen kann.
Idee von Polizeistudentinnen
An der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg haben drei Studentinnen in einem Wahlpflichtkurs das Spiel in seinen Grundzügen 2016 entwickelt. Cindy Ehlert, an diesem Tag wie weitere Gäste an die Rüdersdorfer Schule gekommen, ist dort selbst Dozentin für Kriminologie – und zudem Vorsitzende des Fördervereins. Der hatte es federführend in die Hand genommen, die tolle Idee nicht irgendwo in der Versenkung verschwinden zu lassen, sondern breitenwirksam umzusetzen. Partner wurden gewonnen, eine Firma zur Spieleproduktion, an Details wie der altersgerechten Formulierung der Fragen oder auch der optischen Gestaltung gefeilt. Dank der Förderung vom Land ist nun eine erste Auflage von 900 Stück verfügbar, und einen der ersten Klassensätze von drei Stück bekam das Lehrerteam in Rüdersdorf zu Wochenbeginn feierlich überreicht.
"Wir finden das eine tolle Herangehensweise", lobte Miriam El-Baly, Vizechefin des Landespräventionsrates, das Spiel mit seinem niedrigschwelligen, praktischen Ansatz, der die Mädchen und Jungen bei dem Thema genau in den konkreten Situationen abholt, die viele schon selbst einmal erlebt haben. Von den Sechstklässlern hat nahezu jeder ein Handy, die meisten sogar ein Smartphone. Doch geschult im Umgang mit den Gefahren, die da überall im Netz lauern, waren sie bisher nicht. "Free Hip" öffnet die Augen, macht Risiken bewusst, ermuntert zur Auseinandersetzung mit dem "Was-wäre-Wenn".
Cindy Ehlert sowie Manuela Wieder vom Präventionsteam der Polizei, über welches das Spiel für interessierte Schulen zu beziehen ist, schlüpften in die Rolle der Spielleiterinnen an zwei Tischrunden, Klassenlehrerin Julia Ofenheusle an einem Dritten. "Das Spiel bietet den perfekten Rahmen, dass die Schüler sich dazu austauschen können", lobt auch sie. "Es hat Spaß gemacht, ist etwas fürs Köpfchen", sagt wiederum Mai. Wichtige Denkanstöße nimmt sie ebenso mit wie Mitschüler Jakub, dem es gleichfalls gefallen hat.
Themenwoche gegen Mobbing, Gewalt & Hass
Gemeinsam mit vielen Partnern wie Landesjugenring, der Sportjugend, den Ministerien für Bildung und Inneres, der Aktion Kinder- und Jugendschutz, den Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Brandenburg), der Uni Potsdam und vor allem auch der Polizei veranstaltet der Landespräventionsrat zwischen 1. und 7. Juni verschiedene, in der mit dem Kindertag begonnenen Themenwoche Aktionen. Am Dienstag gab es ein Dialogforum an der Uni Potsdam, am Mittwochabend erfolgt dann durch Innenminister Karl-Heinz Schröter die Verleihung des Brandenburgischen Präventionspreises 2019. bg