Gemeinhin wird Weihnachten als das Fest der Familie bezeichnet, doch nicht alle Kinder und Jugendlichen können am Heiligabend bei ihrer Familie sein. Dazu zählen auch einige, die im Kinder- und Jugendheim des Erziehungshilfeverbundes der Awo in der Klosterdorfer Chaussee in Strausberg wohnen. Es gibt vielfältige Gründe, warum die Kinder und Jugendlichen dort leben. Teils wurden sie durch das Jugendamt aus den Familien genommen, teils sind Eltern schlichtweg überfordert, und einige Jugendliche baten sogar selbst darum, aus den Familien genommen zu werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Awo-Einrichtung geben den jungen Menschen Unterstützung und Anleitung zu einem selbstbestimmten Leben, so dass sie im Idealfall wieder in ihre Familie zurückkehren können.
Shirt vom Idol als Geschenk
Schon seit 1989 beim Erziehungshilfeverbund und seit über 30 Jahren in diesem Bereich tätig ist Ute Daume, die nun zum dritten Mal den Weihnachtsabend an ihrem Arbeitsplatz verbringt. "Die Kinder und Jugendlichen sollen etwas Schönes erleben, also bereiten wir ihnen einen Heiligabend mit kleiner Bescherung", sagt sie. Eine Familie, betont sie, könne in dem Heim, das Anfang der 2000er-Jahre bezogen wurde und insgesamt 21 Plätze bietet, aber nicht ersetzt werden.
Ute Daume erinnert sich noch gut an den Heiligabend vor einem Jahr: Der damals 15-jährige Elias war einer der Neuzugänge in den Wohngruppen und ein großer Fan des Rappers Capital Bra. Über persönliche Kontakte ließ Daume dem Jugendlichen eigens ein T-Shirt anfertigen, das der Rapper zudem persönlich signierte. "Er war sprachlos. Strahlte den ganzen Abend", erinnert sie sich an den Moment, als Elias das Geschenk auspackte. Als Nächstes will sie dem jungen Mann noch ein Treffen mit seinem Musik-Vorbild organisieren.
Auch wenn der 13-Jährige kaum ein "richtiges Weihnachten zu Hause" kennt, wäre er "lieber zu Hause bei seiner Schwester und den fünf Brüdern", wie Dustin erklärt. Robert (14), der sein erstes Weihnachten in der Gruppe verbringt, findet es "hier etwas besser und flexibler", da den Jugendlichen mehr Freiheiten gelassen würden als zu Hause. Sein zweites Weihnachten in der Wohngruppe sieht Elias recht entspannt. Als er im vergangenen Jahr das Shirt von Capital Bra erhielt, habe er sich "mega gefreut". Es sei ihm "nahe gegangen, dass Frau Daume sich das merkte und extra organisierte".
Gut aufgehoben fühlen sich die drei Jungs, wie sie erklären, und loben die Betreuer für ihre lockere, helfende Art. "Sie schimpfen nicht sofort, sondern reden mit uns und lassen uns Fehler wieder gutmachen", sagt Robert. "Wir werden unterstützt, zu entscheiden und zu gestalten, wie unsere Zukunft wird", sagt Elias.
"Die Abwechslung, dass jeder Tag anders ist", nennt Ute Daume als einen der Gründe, warum sie ihren Job auch nach mehr als 30 Jahren gerne macht. "Für Jugendliche da sein, die oft niemanden haben", beschreibt Lisa Holzapfel ihre Motivation. Seit rund zweieinhalb Jahren ist die ausgebildete Erzieherin in der Einrichtung aktiv. Auch die 26-Jährige betont den großen Facettenreichtum ihrer Arbeit.
Osterhase als Weihnachtsmann
Am letzten Schultag in diesem Jahr gab es bereits eine gemeinsame Weihnachtsfeier mit einer Aufführung der Theatergruppe und kleiner Bescherung. So kam ein als Weihnachtsmann verkleideter Osterhase und sorgte für eine kleine Bescherung. Sogar ein Schlumpf war schon dabei, erinnert sich Daume und ergänzt, man müsse sich immer etwas Besonderes einfallen lassen. Der diesjährige Heilige Abend fällt etwas ruhiger aus: Einem gemeinsamen Raclette-Essen folgt eine kleine Bescherung, bei der nicht nur die Kinder und Jugendlichen Überraschungen bekommen. So überreichen Elias und Jenny eine Geschenktüte mit Fotos von Ausflügen des Jahres und einigen Fanartikeln von Hertha BSC an Ute Daume. Merklich gerührt ist die Betreuerin vom Einsatz der Jugendlichen. "Ich bin stolz, dass sie sich merken, was ich mag, und sich überlegen, was sie mit ihrem begrenzten Taschengeld machen können", sagt sie, bevor es für die beiden noch eine innige Umarmung gibt.