Der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré hat mit einem Auftritt in einer Propaganda-Talkshow des russischen Staatsfernsehens für Aufsehen gesorgt. Kotré stammt aus dem Landkreis Dahme-Spreewald und wurde über die Landesliste in den Bundestag gewählt.
In der Sendung des kremlnahen Wladimir Solowjow hatte der energiepolitische Sprecher der AfD den deutschen Medien am Donnerstagabend anti-russische Stimmungsmache vorgeworfen. In Videoausschnitten, die in sozialen Medien kursierten, sagte Kotré, „dass die Medien, die Journalisten, alles dafür tun, dass die deutsche Bevölkerung gegen Russland aufgebracht wird“.
Kritik an seinem Auftritt wies Kotré am Freitag zurück. Solowjow gilt als einer der schärfsten Kreml-Propagandisten in den russischen Medien. Kritiker werfen ihm Kriegstreiberei und anti-ukrainische Hetze vor.

Steffen Kotré denkt, einige Medien wollten Deutschland abschaffen

Seine Vorwürfe an die deutschen Medien verband Kotré in Solowjows Sendung mit Kritik an den deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Dies mache ihn „fassungslos“, sagte Kotré den Mitschnitten zufolge. „Deutschland hat sich dem Druck gebeugt.“ Der brandenburgische AfD-Abgeordnete wies im russischen Staatsfernsehen auch darauf hin, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kürzlich von einem „Krieg gegen Russland“ gesprochen habe.
Kotré verteidigte seinen Auftritt am Freitag. „Ich gebe jedem ein Interview“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er spreche sogar auch mit deutschen Medien, „die Deutschland abschaffen wollen“, schrieb er weiter. „Aber viele Medien wollen alles in ihrem Sinn verdrehen.“ Seine Devise sei: „Diplomatie und miteinander reden - alle Kanäle nutzen.“

AfD-Politiker Steffen Kotré

Der Diplom-Ingenieur und AfD-Politiker wurde 1971 in Berlin geboren. Im Bundestag ist der Obmann und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Kotré gelangte nicht nur aufgrund seiner Nähe zu Russland in die Schlagzeilen. Vor einem Jahr, als Sturmtief Zeynep über das Land fegte, bestieg er mit seiner Familie den Brocken im Harz. Erst die Warnung eines Rangers, dass sich Kotré und seine Familie in Lebensgefahr begeben, stimmte die Familie zu Umkehr um, berichtete RTL News.

Kritik an AfD-Spitze wegen mangelnder Distanzierung

SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast warf der AfD vor, sich für russische Propagandazwecke instrumentalisieren zu lassen. „Immer wieder verbreitet die AfD russische Propaganda“, sagte Mast zu AFP. „Der jetzige Talkshow-Auftritt spricht für sich und wird von der russischen Propaganda gezielt ausgenutzt.“
Mast warf der AfD-Führung vor, sich nicht ausreichend von Kotré zu distanzieren. „Dass sich die AfD-Spitze mal wieder um eine Zurechtweisung windet wie ein Aal, ist das alte Muster, das immer wieder entlarvt werden muss“, sagte sie.

Fraktionskollege Kleinwächter warf Kotré Putin-Propaganda vor

Kotrés Auftritt in der Sendung von Solowjow war vorab nicht in der AfD-Fraktion abgesprochen, wie aus der Fraktion gegenüber AFP verlautete. Innerhalb der Fraktion gilt der Abgeordnete aus Brandenburg als besonders kremlnah.
Für interne Verärgerung hatte Kotré etwa gesorgt, als er kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Bundestag behauptete, die USA unterhielten Biowaffenlabore in der Ukraine. Als Reaktion darauf habe die Fraktionsführung ihn zu einem Gespräch gebeten.
Öffentlicher Gegenwald kam damals von seinem Fraktionskollegen Norbert Kleinwächter, der ebenfalls aus dem Landkreis Dahme-Spreewald stammt. Kleinwächter verließ während der Rede Kotrés den Plenarsaal und twitterte später, dass er sich „von der widerlichen Putin-Propaganda“ distanziere. Der Bundespolitiker bezeichnet sich selbst als Vertreter der „Alternativen Mitte.“

Einige AfD-Politiker auch bei umstrittener Ostwind-Vereinigung beteiligt

Generell lehnt die AfD Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Den Krieg Russlands hat die Partei- und Fraktionsspitze verurteilt, zugleich aber auch der Nato Fehler zur Last gelegt. Vergangene Woche hatten eine Reihe von AfD-Politikern unter Beteiligung auch des Herausgebers der vom Bundesamt für Verfasssungsschutz als „gesichert extremistisch“ sowie „völkisch-nationalistisch“ eingestuften Zeitschrift „Compact“, Jürgen Elsässer, die Vereinigung „Ostwind“ gegründet. Diese fordert eine deutsche Annäherung an Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin.