Husten, Schnupfen, vielleicht noch leichtes Fieber – ganz normal in der langsam beginnenden Erkältungszeit. Aber der Besuch in einer Hausarztpraxis wird in dieser Grippesaison kein so leichtes Unterfangen wie in den vergangenen Jahren sein. „Bitte suchen Sie die Mediziner nicht ohne vorherige Absprache auf“, mahnt Karin Harre, die Vorsitzende des Brandenburger Hausärzteverbands.

Auch hinter leichten Symptomen kann Corona stecken

Zwar sei das Corona-Infektionsgeschehen in der Mark derzeit erfreulicherweise gering, aber das könne sich schnell ändern. Es gelte, sich und andere zu schützen. „Auch hinter leichten Erkältungssymptomen kann eine Covid-19-Infektion stecken“, sagt Karin Harre. „Deshalb: Rufen Sie auch bei Erkältungen ohne Fieber vor jedem Praxisbesuch an!“ Die Fachleute würden sich dann den Einzelfall anschauen und entscheiden, welcher Umgang der richtige ist.
Genauso empfiehlt es die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KV). „Erkältete Patienten sollten in den Praxen anrufen und das weitere Vorgehen besprechen“, sagt KV-Sprecher Christian Wehry. Auf den Internetseiten der Hausärzte gebe es in der Regel Hinweise, wie sich die Patienten verhalten sollten. Das werde sicher auch von Praxis zu Praxis unterschiedlich gehandhabt.

Viele Praxen geben keine Pandemie-Infos

Schaut man im Netz stichprobenartig nach den Kontaktdaten von märkischen Hausärzten, fällt allerdings auf, das manche gar keine Homepage haben und bei anderen keinerlei Hinweise zum Verhalten in der Pandemie zu finden sind. Es gibt jedoch auch klare Ansagen: „Aufgrund der Corona-Pandemie bitten wir vor jedem Praxisbesuch (auch Akutfälle) um eine vorherige Terminabsprache“, heißt es auf der Seite einer Zeuthener Praxis.

Ansteckungen im Wartezimmer vermeiden

Aber was geschieht, wenn man anruft und seine Symptome beschreibt? Karin Harre schildert, dass es momentan recht einfach sei, diese Patienten dann zum Beispiel zum Ende der Sprechstunde in die Praxis zu bitten, um mögliche Ansteckungen im Wartezimmer zu vermeiden. Man könne sie im Viertelstunden-Rhythmus einzeln empfangen.
Aber die Allgemeinmedizinerin aus Walsleben in Ostprignitz-Ruppin räumt ein, dass das Steuern der Patientenströme komplizierter werden könnte, wenn die Pandemie an Dynamik gewinnt und im Herbst die Zahl der Erkältungsfälle steigt. „Davor graut mir ein bisschen.“ Zudem sei es möglich, dass Patienten ihren Hausarzt telefonisch nicht erreichen, weil das komplette Praxisteam mit Arbeit ausgelastet ist. Hier sei dann der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116117 eine Option.

Aufruf zu Kulanz an die Arbeitgeber

Ursula Marschall, die Leitende Medizinerin der Barmer-Krankenkasse, hält Anrufe vor dem Praxisbesuch ebenfalls für sinnvoll. Sie geht außerdem davon aus, dass es ein Umdenken geben wird. „Niemand sollte in diesem Herbst mit starkem Schnupfen zur Arbeit gehen. Wenn Home-Office nicht möglich ist, sollten Arbeitgeber es zulassen, dass Beschäftigte bis zu drei Tage ohne Krankschreibung der Arbeitsstelle fernbleiben.“ Ursula Marschall vermutet zudem, dass im Herbst die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung wieder diskutiert werde.

Faustregeln für die Bedeutung von Krankheitssymptomen

Mit Blick auf Erkältungssymptome und ihre Bedeutung nennt die Barmer-Expertin ein paar Faustregeln. Eine Erkältung beginne langsam und meist mit Kopf- und Gliederschmerzen sowie einer laufenden Nase. „Erst dann kommen eventuell Husten und Fieber dazu“, sagt Marschall. Die Grippe hingegen schlage in der Regel schnell und heftig mit hohem Fieber und trockenem Husten zu.
„Eine Corona-Infektion wiederum kommt wie eine Erkältung eher langsam“, ergänzt die Expertin. Eine laufende Nase gehöre nicht zum typischen Verlauf, aber trockener Husten, Fieber und Halsschmerzen schon. Das sicherste Alarmzeichen für eine Covid-19-Infektion sei der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns noch vor dem Fieber, unterstreicht die Medizinerin.

Prämissen für die Grippeimpfung gelten unverändert

Mit Blick auf die Ende September beginnenden Grippe-Schutzimpfungen indes rät Brandenburgs Hausärztechefin unverändert zu den Prämissen der vergangenen Jahre. So sollten sich alle Menschen ab 60 Jahren und Schwangere impfen lassen. Auch Kindern und Erwachsenen jeweils mit Vorerkrankungen werde die Impfung empfohlen, ebenso Menschen, die Risikogruppen anstecken könnten. Neben den Beschäftigten im Gesundheitswesen sei die Impfung auch anderen Berufsgruppen mit regen Sozialkontakten angeraten, wie etwa Busfahrern.
Die Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), in diesem Jahr möglichst viele Menschen zu impfen, vor allem Kinder, sieht Karin Harre skeptisch. „Dann befürchte ich, dass der Impfstoff nicht ausreichen könnte“, gibt die Hausärztin zu bedenken.