Es ist ein gigantischer Datensatz, der den europäischen Drogenfahndern 2020 in den Schoß gefallen ist. Französische Behörden hatten den als abhörsicher geltenden Krypto-Handy-Anbieter Encrochat unterwandert und so Zugriff auf die Kommunikation von über 50.000 Nutzern, die meisten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, bekommen.
Mit den so sichergestellten Kommunikationsdaten wurden allein in Brandenburg schon über 30 Personen wegen Drogenhandels verurteilt. Die Strafen reichten bis zu neun Jahren und sechs Monaten für einen Cottbuser Ex-Boxer, der mit Kokain im großen Stil gedealt hat.
Zahlreiche Verfahren stehen allerdings noch aus, zumal mit Sky ECC, Anom und anderen weitere Krypto-Daten in die Hände der Ermittler gelangt sind. Das Brandenburger Justizministerium hatte deshalb angekündigt, an den vier Landgerichten im Land zusätzliche Kammern einzurichten, um die Encrochat-Verfahren abzuarbeiten.
„Vor dem Hintergrund der Encrochat-Verfahren wurden im Haushaltsjahr 2023 zusätzlich acht Stellen im richterlichen Dienst ausgebracht. Damit besteht die grundsätzliche Möglichkeit zur Einrichtung zusätzlicher (Straf)-Kammern bei den Landgerichten“, so Ministeriumssprecherin Ariadne Ioakimidis gegenüber diesem Portal. Die Stellen seien dem Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes zugewiesen worden, der „unter Berücksichtigung der Personalbedarfe und -ausstattung“ die Verteilung auf die jeweiligen Landgerichte vornehme.
Wie sieht es aber nun an den Landgerichten aus? Sind tatsächlich zusätzliche Richterstellen und Strafkammern eingerichtet?
Gibt es schon Encrochat-Kammern an den Brandenburger Landgerichten?
„Das Ministerium der Justiz hat dem Landgericht Neuruppin die Möglichkeit eingeräumt, eine neue Kammer einzurichten. Derzeit sind infolge von Pensionierungen und der Abberufung einer Vorsitzenden Richterin an den Bundesgerichtshof aber mehrere Kammern neu zu besetzen, um die gegenwärtigen Verfahren weiter zu bearbeiten“, heißt es beispielsweise in Neuruppin.
Das heißt, es kommen zwar neue Richter. Die müssen aber erst einmal die ersetzen, die schon wieder ausgeschieden sind. Erst wenn dies abgeschlossen sei, werde die Besetzung einer neuen Kammer in den Blick genommen.
Auch am Landgericht in Cottbus gibt es noch keine zusätzliche Encrochat-Kammer. Der Pressesprecher verweist darauf, dass es ohnehin schwierig sei, Juristen für das Richteramt zu finden. Stellen seien teils schwer zu besetzen.
Ähnliches Bild in Frankfurt (Oder). „Am Landgericht Frankfurt (Oder) ist keine auf Encrochat-Fälle spezialisierte Kammer eingerichtet worden“, teilt ein Sprecher des Hauses mit.
Was hat es mit dem Datenschatz von Encrochat auf sich? Warum gibt es vor Gericht immer wieder Streit darum? Und wie haben die Daten den Kampf gegen die Drogen in Brandenburg und weltweit verändert? Hören Sie mehr dazu in der neuesten Folge unseres Crime-Podcasts „Akte Brandenburg“.