Und dass Jacek Czaputowicz, der Außenminister von der Weichsel, sich am Dienstag als Erstes mit seinem Berliner Amtskollegen Heiko Maas traf, darf durchaus als Zeichen gelten. Denn in Warschau wünscht sich die PiS-Partei nach ihrem erneuten Sieg bei der Parlamentswahl in vielen Fragen eine "Normalisierung". Statt Kritik an der Justizreform und dem Umgang mit den öffentlich-rechtlichen Medien erhofft man sich positive Schlagzeilen.
Wohin die Reise gehen könnte, machte der 63-jährige Czaputowicz, der nicht zu den Hardlinern in der Partei von Jaroslaw Kaczynski gehört, bereits am Montagabend in einem Vortrag deutlich. Den hielt er auf Schloss Genshagen im Süden von Berlin, das eine brandenburgische Stiftung beherbergt, die sich die deutsch-polnisch-französische Zusammenarbeit im Rahmen des "Weimarer Dreiecks" auf die Fahnen geschrieben hat.

Große Differenzen

Für dieses Dreieck brachte der Pole freilich wenig Hoffnungen mit. Im Gegenteil: Er sprach sogar von "substanziellen Interessensunterschieden" gegenüber dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. "Wenn er keine großen Unterschiede zwischen Donald Trump und Wladimir Putin sieht, dem Kreml sogar Avancen macht und eine antiamerikanische Stimmung schürt, widerspricht das polnischen Empfindungen", sagte der Spitzen-diplomat äußerst undiplomatisch. Hintergrund solcher Kritik ist auch, dass Macron seinen mehrfach angekündigten Staatsbesuch in Warschau immer wieder verschoben hat.
Ganz anders spricht Czaputowicz über Deutschland: "Ihr seid unser größter Wirtschaftspartner und dass sich seit 1990 mehr als drei Millionen Jugendliche bei Austauschprojekten begegnet sind, ist sehr positiv", lobte er. In Warschau wünschte man sich freilich noch, dass Polen innerhalb der EU stärker als Repräsentant  der 13 mittel- und südosteuropäischen Mitgliedsstaaten betrachtet und so an Gewicht gewinnen würde. "Unsere Länder haben eben noch nicht das Lebensniveau wie im Westen und wir sehen deshalb die EU in erster Linie als Bündnis zur ökonomischen Entwicklung", sagte er eindringlich. Wenn die Bundesregierung beispielsweise fordere, dass polnische Transportfirmen bei Fuhren durch Deutschland den deutschen Mindestlohn zahlen sollen, sei dies "eine Behinderung des freien Wettbewerbs".

Reparationen kein Thema

Entschiedene Kritik gibt es nur in einer Frage: Der Bau der Erdgastrasse Nord Stream II sei "ein großer Fehler". Ökonomisch, weil man sich in Deutschland noch mehr von russischem Gas abhängig mache und eine einheitliche Energiepolitik in der EU verhindere, politisch, "weil Moskau damit Druck auf die Ukraine ausüben kann".
Interessant und bemerkenswert ist auch, welches Thema Czaputowicz mit keiner Silbe erwähnt: Die Forderung nach deutschen Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg. Wahrscheinlich ist für die PiS die Verabschiedung des nächsten EU-Haushalts mit erneuten Milliarden-Subventionen für Polen wichtiger.