Doch nun sieht es so aus, als ob das Programm, bei dem Buhnen, die seit den 1930er-Jahren mehr oder weniger versandeten oder erodierten, erneuert werden sollen. Zudem sollen an einigen Stellen auf der polnischen Seite des Oder-Ufers Buhnenköpfe zu Längsdämmen verknüpft werden, um damit eine größere Tiefe und auch höhere Fließgeschwindigkeit des Flusses zu erreichen.
Für Umweltschützer in Deutschland und Polen ist dies eine Horror-Vision. "Die Oder hat sich über Jahrzehnte de facto in einen naturnahen Zustand zurückentwickelt. Und wir haben hier in Brandenburg den einzigen Flußauen-Nationalpark in ganz Deutschland, dessen Rückgrat die Oder ist", sagt Treichel.
Auf Initiative der Linken beschäftigte das Thema am Mittwoch den Umweltausschuss des Landtags. Dietmar Woidke müsse als Polenbeauftragter der Bundesregierung in Warschau gegen das Vorhaben intervenieren, stand in einem Antragsentwurf des Linken-Abgeordneten Thomas Domres, dem mit Ausnahme der AfD-Vertreter alle Abgeordneten zustimmten. Allerdings erst, nachdem ausgerechnet die Woidke-Passage auf Drängen der CDU-Vertreter daraus gestrichen worden war. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass Brandenburger Wirtschaftsverbände und auch die IHK Ostbrandenburg das polnische Vorhaben begrüßen.
Selbst der grüne Umweltminister Axel Vogel, der in den 1990er-Jahren die Aufbauarbeiten des Nationalparks im Odertal begleitet hatte, musste einräumen, dass man schlechte Karten habe, um gegen das Vorhaben vorzugehen. "Rein theoretisch könnte Brandenburg bei der EU gegen die polnischen Pläne klagen. Aber nachdem uns schon der Bund zu verstehen gegeben hat, dass er dies nicht unterstützen wird, wäre dies eine sehr delikate Situation", musste Vogel ausgerechnet an seinem 64. Geburtstag einräumen. Dennoch sei er mit dem Bundesumweltministerium im Gespräch.
Tatsächlich hat das Vorhaben die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits hinter sich. "Leider wurden unsere Bedenken von Warschau nicht berücksichtigt", erläuterte Nationalparkleiter Treichel. Polens Regierung spreche auch gar nicht von einer Verbesserung der Schifffahrt, sondern "verstecke" sich hinter dem 2015 abgeschlossenen deutsch-polnischen Vertrag zur Stromregulierung. Dieser sieht vor, genügend Tauchtiefe für Eisbrecher zu schaffen, um Hochwasser im Winter zu verhindern.
Auch deutsche und polnische Umweltverbände hatten zu Wochenbeginn den Bund und das Land Brandenburg aufgefordert, mehr für den Schutz des Grenzflusses zu tun. Den Verantwortlichen warfen sie eine unentschlossene Haltung zur Entscheidung der polnischen Behörden vor.
"Das ganze Vorhaben muss auf den Prüfstand. Das kann Brandenburg aber nicht alleine machen, dafür muss dringend auch die Bundesregierung ins Boot geholt werden", forderte die für Frankfurt (Oder) und Märkisch-Oderland zuständige Landtagsabgeordnete der Grünen, Sahra Damus. Die Grünen im Bundestag haben eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung eingereicht. Auch über das EU-Parlament will man aktiv werden.
Finanziert mit einem Weltbank-Kredit
Rund 460 Millionen Euro Kredit hat Polen schon vor Jahren bei der Weltbank beantragt, um damit den Hochwasserschutz an der Weichsel und der Oder zu verbessern. Kritiker sehen darin jedoch ein Programm, dass tatsächlich der Vertiefung beider Flüsse für die Binnenschifffahrt dienen soll. Nach umfänglichen Umweltverträglichkeitsprüfungen, die sich über mehrere Jahre hinzogen und bei denen auch Brandenburg Umweltbehörden Bedenken anmeldeten, hatte die Weltbank Ende Februar erklärt, dass das Programm nun umgesetzt werden soll. Die IHK Ostbrandenburg hat sich auch für die Pläne ausgesprochen. ds