Tempelhof soll eine neue Mitte bekommen. Rund um das Rathaus sollen in den kommenden Jahren preisgünstige Wohnungen, eine Bibliothek, ein Stadtbad und Kultureinrichtungen entstehen. Es ist nur eines von 14 Quartieren, in denen der Senat das Wachstum der Stadt in eigener Regie gestalten will.
Die Gegend rund um das Rathaus Tempelhof  hat eigentlich alles, was ein lebenswerter Kiez bräuchte. Mit der U-Bahn ist man in 15 Minuten in der Stadtmitte. Auf dem Tempelhofer Damm fahren mehrere Bus-Linien. Die Ringbahn ist in Sichtweite. Es gibt drei stattliche Parks, ein Stadtbad, eine Bezirkszentralbibliothek, den Campus der Diakonie und ein Pfadfinderheim.
Wie ein Zentrum wirkt Tempelhofs Mitte trotzdem nicht. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Geschäfte und Dienstleister geschlossen. Der Tempelhofer Damm, zu Westberliner Zeiten beliebte Einkaufsstraße, ist mehr und mehr zu einer Durchgangsstraße verkommen, an der man höchstens Mal für einen schnellen Hähnchendöner anhält. Die wichtigen öffentlichen Einrichtungen liegen für Ortsunkundige unsichtbar in einer Nebenstraße.
Der lockere Städtebau der 1960er Jahre mit seinen raumgreifenden Solitärbauten und undefinierten Freiflächen hat im Berlin von heute ausgedient. Er sei weder zeitgemäß noch zukunftsfähig, erklärt Bezirksstadtrat Jörn Oltmann, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung und Bauen, am Dienstagnachmittag bei der Vorstellung der Pläne im Rathaus Tempelhof. Die Baumaßnahmen reichen bis in das Jahr 2030. Bis dahin sollen rund um das Rathaus etwa 180 Millionen Euro aus verschiedenen Töpfen der Städtebauförderung in den Kiez fließen. Stark sanierungsbedürftige Gebäude wie der Rathaus-Anbau, die Schwimmhalle, die Bibliothek und das Polizeigebäude sollen abgerissen und neu errichtet  und am Tempelhofer Damm konzentriert werden.
Auf den damit frei werdenden landeseigenen Flächen an der Götzstraße sind rund 500 neue Wohnungen geplant. Die Hälfte davon sollen Sozialwohnungen  mit einer Monatsmiete zwischen 6,50 und 7,50 Euro netto kalt werden. „Bei den anderen Wohnungen sollen die Mieten zehn Euro netto kalt nicht überschreiten“, so Oltman.
Die städtischen Wohnungsgesellschaften, die sie bauen und vermieten werden, stehen noch nicht fest. Auch Genossenschaften sollen zum Zuge kommen. „Wir haben ja die Zusage gemacht, Genossenschaften an der Entwicklung neuer Stadtquartiere zu mindestens 20 Prozent zu beteiligen“, betonte  Sebastian Scheel ( Linke), Staatssekretär für Wohnen, während der Präsentation der Pläne.
Der 62 Hektar große Kiez, zwei U-Bahnstationen  südlich vom Tempelhofer Feld gelegen, ist nur eines von insgesamt 14 Quartieren, die der Senat im September vergangenen Jahres als weitere  Stadtumbaugebiete deklariert hat. Damit will Berlin den Wandel der Stadt selbst gestalten. Die Gebiete reichen vom Brunsbütteler Damm in Spandau über die Heidestraße nördlich des Hauptbahnhofs in Mitte bis in die Großsiedlung nach Buch im tiefen Nordosten. Oberstes Ziel ist die Verbesserung der sozialen Infrastruktur und der Erhalt der typischen Berliner Mischung. „Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums Berlins ist die zügige Entwicklung der Quartiere von großer Bedeutung“, so Scheel.
Mit der ‚Neuen Mitte Tempelhof‘ soll auch der Tempelhofer Damm wieder aufgewertet werden. Die bekannte vierspurige Nordsüdverbindung bekommt einen Stadtplatz mit Kultur- und Bildungszentrum, in das auch Musikschulen und Galerien einziehen sollen. „Zwischen dem alten Dorfanger und dem Tempelhofer Hafen schaffen wir einen Hotspot, der die Leute hoffentlich dazu bringt, wieder am T-Damm entlang zu spazieren und in die Schaufenster zu schauen“, freut sich Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler. Über Planungswerkstätten will sie Gewerbetreibende und Anwohner in die Planungen einbeziehen.
Die Pläne für die „Neue Mitte Tempelhof“ hängen im Foyer der Bezirkszentralbibliothek an der Götzstraße 8-12 aus.