"Einen Transport in größere Kliniken in Gorzów oder Zielona Góra hätte die Frau nicht überstanden", befand der damalige Direktor Wojciech Wlodarski. Deshalb bat man im nahen Klinikum Frankfurt (Oder) um Hilfe. Ein Frankfurter Rettungsfahrzeug holte die Frau ab, der so das Leben gerettet wurde.
Beispiel 2: Als sich Ende März 2016 auf dem Grenzbasar von Osinów Dolny bei Bad Freienwalde eine riesige Explosion ereignete, bei der ein Stand mit Feuerwerkskörpern in die Luft flog, wurden auch drei deutsche Besucher schwer verletzt. Sie wurden von einem polnischen Rettungswagen nur bis zur Grenze in Hohenwutzen gefahren. Dort lud man sie in einen deutschen Rettungswagen um, der sie ins Krankenhaus Eberswalde brachte.
Beide Einsätze erfolgten aufgrund der guten Kontakte, die zwischen den Einrichtungen auf beiden Seiten der Oder im Laufe der Jahre entstanden waren. Das "Rahmenabkommen zwischen Polen und Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst", das bereits 2011 in Warschau unterzeichnet worden war, spielte keine Rolle. Denn es kann ohne Zusatzvereinbarungen zwischen den grenznahen Körperschaften keine Wirkung entfalten.
Diese Kooperationsvereinbarung liegt jetzt – nach achtjährigen Verhandlungen – endlich vor. Die Abgeordneten der Landkreise Märkisch Oderland und Spree-Neiße haben ihr bereits zugestimmt, die aus Frankfurt (Oder) wollen es am 5. Dezember tun. Die polnische Wojewodschaft Lebuser Land und die Kreise Oder-Spree, Cottbus und sogar der Landkreis Görlitz in Sachsen sollen noch folgen.
Doch es gibt einen Haken: Liest man das siebenseitige Dokument mitsamt seinen 15-seitigen Anlagen, stellt man fest, dass ein Bürokratie-Monster entstanden ist. "Dabei hatten wir eigentlich eine einfachere Zusammenarbeit und auch die Klärung wichtiger Details erhofft", sagt der Leiter des Amtes für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen der Stadt Frankfurt (Oder), Helmut Otto.
Künftig noch längere Wege
Problem Nummer 1: Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten in beiden Ländern wurden zentrale Einrichtungen bestimmt, bei denen alle künftigen Einsätze angefordert und koordiniert werden sollen. Das wären für alle Fälle auf deutscher Seite das von Helmut Otto geleitete Amt in Frankfurt und für die in Polen eine Stelle in Gorzów. Sowohl bei einer Rettung wie bei der jungen Frau aus Słubice als auch bei einem Vorfall wie bei der Explosion auf dem Grenzbasar Osinów Dolny gäbe es längere statt kürzere Benachrichtungswege.
Problem Nummer 2: Eine der strittigsten Fragen – die Übernahme der Behandlungskosten durch das Land, aus dem die Geretteten stammen – bleibt auch weiter ungeklärt. Bisher lehnt die polnische Einheitskrankenkasse die Kostenübernahme ab, wenn Polen über die Grenze nach Deutschland gebracht werden.
Und mittlerweile gibt es noch ein drittes Problem: Von polnischer Seite wurde die für Dezember in Gubin vereinbarte Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung unerwartet verschoben. Auf das kommende Frühjahr oder irgendwann später.
UnterschiedlicheZuständigkeiten
Während in Deutschland die Landkreise für die Organisation von Rettungseinsätzen zuständig sind (außer bei der Rettung mit Hubschraubern, die die Bundesländer koordinieren), handelt es sich in Polen um eine zentralstaatliche Aufgabe. Letztlich sind die Wojewoden verantwortlich, die die Zentralregierung in den Regionen – wie etwa dem Lebuser Land – vertreten. Diese unterschiedlichen Ebenen machen es so schwierig, grenzüberschreitende Rettungsfälle zu koordinieren. Bei Feuerwehreinsätzen ist es einfacher, da tragen auch in Polen die Landkreise die Verantwortung. ds