„Płatna“ ist da gelegentlich in weißer Schrift auf blauen Schildern mit dem Autobahnsymbol zu lesen, was „kostenpflichtig“ bedeutet. Doch man rauscht schnell vorbei und wenn man nicht von einer Mautstelle gestoppt wird, hat man den Hinweis schnell vergessen. An vielen Mautstellen in Polen sind die Automaten, an denen man den Papierstreifen zog, mit schwarzem Klebeband verklebt. Die Fenster, durch die man die Gebühr reichte, sind verriegelt.
So ist es auf der A4 zwischen Görlitz/Zgorzelec, Breslau (Wrocław) und weiter Richtung Oppeln (Opole) und Kattowitz (Katowice). Als Fahrerin oder Fahrer eines Kleinwagens rollt man durch die alten Bezahlstellen, beschleunigt wieder und überlegt: Ist die Maut abgeschafft worden?
A2 an der Christusstatue – nach Osten teuer, nach Süden kostenfrei
Es ist kompliziert. Es gibt kostenfreie Strecken. Es gibt kostenpflichtige Strecken, die man tatsächlich noch an Mautstellen in Münzen oder mit Karte bezahlt. Und es gibt kostenpflichtige Strecken, für die man die Maut online per App oder an Tankstellen zahlt. Es hängt davon ab, ob man auf einem staatlich oder auf einem privat gemanagten Abschnitt fährt.
Kostenfrei unterwegs ist man auf den ersten 19 Kilometern der Autobahn der Freiheit A2 ab der Grenze bei Frankfurt (Oder)/Świecko bis Rzepin. Dann kommt die erste Mautstelle, an der man ein Ticket zieht. Wer 60 Kilometer weiter in Sichtweite der Christusstatue Richtung Süden auf die neue Schnellstraße S3 abbiegt, gibt vorher an der Mautstelle Kreuz Jordanowo sein Ticket wieder ab und entrichtet 10 Złoty (ca. 2,14 Euro). Die S3 fährt sich fast genauso wie eine Autobahn und ist für Pkw kostenfrei. Wer 160 Kilometer südlich auf die A4 Richtung Wrocław abbiegt, fährt zunächst kostenlos und erblickt erst nach einer Dreiviertelstunde Fahrt das Schild „Płatna“. Ab Breslau (Anschlusstelle Bielany Wrocławskie) beginnt nämlich wieder ein 170 Kilometer langer Bezahlabschnitt, der bis Gleiwitz (Anschlusstelle Sośnica-Gliwice) reicht und insgesamt 16,20 Złoty (ca. 3,47 Euro) kostet – also vergleichsweise wenig. Seit Dezember 2021 kann man sie allerdings nicht mehr an der heruntergelassenen Scheibe vom Lenkrad aus zahlen.
Statt online an Tankstellen zahlen – bei Orlen und Lotos
Für Gelegenheitsfahrer ist es am einfachsten, das „Ticket“ an einer Tankstelle von Orlen oder Lotos entlang der A4 zu erwerben. An der Kasse wird man gefragt, für welchen Abschnitt man lösen möchte, gibt beim Bezahlen sein Kennzeichen ein sowie das Land, in dem das Auto angemeldet ist („Niemcy“ heißt Deutschland) und erhält ein „Bilet Autostradowy“, das aussieht wie ein Kassenbon und 48 Stunden in eine Richtung gültig ist.
Man kann aber auch online bezahlen, in dem man eine App nutzt, die das Ticket dann anzeigt. Zum Beispiel eine App wie e-TOLL oder e-TOLL PL BILET. Beide werden vom polnischen Finanzministerium angeboten. e-TOLL PL BILET richtet sich an Pkw- und Motorradfahrer und ist schlicht in der Handhabung: Eingabe von Kennzeichen, Auswahl des Streckenabschnitts, die Zahlung ist unter anderem per ViSA- und ViSA Pay-Card möglich.
Eine Autobahn, mehrere Betreiber
Die App e-TOLL ist für Fahrer von Fahrzeugen über 3,5 Tonnen und Busse ab Größe Neunsitzer verpflichtend. Sie zahlen höhere Mautgebühren als Pkw. Allerdings soll die App nicht reibungslos funktionieren. Sie erfasst per GPS die gefahrene Strecke und die Gebühr wird automatisch abgebucht, vorausgesetzt man hat sie richtig eingerichtet und ist während der Fahrt ohne Unterbrechung mit dem Netz verbunden. Dabei hapert es wohl oft.
Aber Achtung, wer auf der A4 weiter nach Krakau (Kraków) fährt! Auf dem rund 60 Kilometer langen Bezahlabschnitt Katowice-Kraków gibt es einen privaten Betreiber und damit andere Bezahlarten. Die e-TOLL-Apps helfen da nicht. Dafür kann man vor Ort an einer der beiden Mautstellen bezahlen. In bar oder mit Kreditkarte kostet das 15 Złoty. Auch in Euro kann man zahlen, das Restgeld gibt es in Złoty zurück. Geld sparen kann, wer sich auf „Videotolling“ einlässt. Dafür muss man Fahrzeug und Kreditkarten-Daten in einer App registrieren, das Kennzeichen wird an der Schranke der Mautstelle per Kamera erfasst und die Gebühr automatisch über die App abgebucht, ist also unabhängig vom anfälligen GPS-Signal. Der Alleskönner der A4 ist die App „Autopay“. Damit kann man sowohl auf den staatlich als auch auf den privat gemanagten Abschnitten die Maut zahlen.
Wird das kontrolliert?
Wer ohne gültiges Mautticket unterwegs ist, riskiert eine Strafe von 500 Złoty (ca. 107 Euro). Allerdings kann man die Maut auch noch bis zu drei Tagen nach der Fahrt zahlen – in dem Fall werde die Strafgebühr nicht erhoben, so steht es auf der staatlichen Website etoll.gov.pl. Kontrollen nehmen der Zoll (Służba Celna), die Finanzverwaltung KAS (Krajowa Administracja Skarbowa) oder die Polizei vor. Die Polizei hat sich 2021 sogar neue Funkwagen mit auf dem Dach installierter Kennzeichenerfassung angeschafft. Einen Bußgeldbescheid kann man demnach als Schwarzfahrer auch dann erhalten, wenn man nicht in eine Kontrolle geraten ist, das eigene Kennzeichen aber erfasst wurde. Nachzulesen ist das in den FAQ von eTOLL. Wie wahrscheinlich das ist, darüber lässt sich spekulieren. Die Zeitung „Rzeczpospolita“ berichtete im August 2022, acht Monate nach Einführung des E-TOLL-Systems, dass lediglich 1700 Bußgelder gegen Mautsünder verhängt wurden – bei rund 20 Millionen Autos, die in jener Zeit auf den Strecken unterwegs waren.
Die teuerste Autobahn Polens
Nochmal zurück auf die Autobahn der Freiheit – die teuerste Autobahn Polens. Wer sich von Frankfurt (Oder) geradewegs auf der A2 in die polnische Hauptstadt begibt, zahlt insgesamt 112 Złoty Mautgebühren (ca. 24 Euro): 9,90 Złoty gehen direkt an den polnischen Staat für das 111 Kilometer kurze Stück zwischen Konin und Łódź (Anschlussstelle Stryków), 102 Złoty gehen an den privaten Betreiber „Autostrada Wielkopolska“ für die 250 Kilometer ab der deutsch-polnischen Grenze bis Konin (hier nur vor Ort bar oder mit Karte). Dessen Preispolitik beruht auf einem Konzessionsvertrag mit dem polnischen Staat von 1997, dessen Inhalt bis heute nicht öffentlich ist.
Dafür sind die letzten 100 Kilometer vor Warschau kostenlos.